‚Händeringend suchten wir nach einer Lösung…‘


… das wird immer noch so formuliert.

Aber wer ringt eigentlich noch die Hände und wie geht das überhaupt? Das wollte kürzlich in einem Frage- und Antwort-Forum jemand wissen. Eine Vermutung lautete, sicher sei die Bewegung identisch mit der von trauernden und jammernden moslemischen Frauen, wenn ein Verwandter gestorben ist: ein schnelles Schütteln beider Hände neben  dem Kopf …

Nö. Hände rang man früher, indem man sie ineinander flocht und hin und her drehte. Das geschah zu einer bestimmten Zeit der Menschheit im Zustand der Bedrängnis. Jeder machte das. Eine allgemein anerkannte Geste. Inzwischen kratzt man sich vielleicht eher den Kopf oder stützt ihn in die Hand. Beides galt damals als unerzogen.

Alles ändert sich. Auch Gesten. In älteren Schriften (bis etwa in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts) findet man häufig die Formulierung, jemand ‚hielt sich die Seiten vor Lachen‘. Hielt  sich was? Und warum? Damit er nicht auseinander platzte? In welcher Höhe? Taille? Inzwischen biegt man sich oder man schmeißt sich weg.

Gegenstände, die bestimmte Bewegungen erfordern, verschwinden oder tauchen neu auf. Bevor es Filterzigaretten gab, klopfte jeder Raucher (was bedeutete, nahezu jeder Durchschnittsmensch –  wer nicht rauchte, war totkrank oder hatte irgendeine Macke) die Zigarette ein paarmal auf eine glatte Fläche, bevor er sie in den Mund steckte. Sonst gab es nämlich Tabakkrümel auf der Zunge.

Hätte man den Menschen damals einen Film gezeigt, in dem eine Person über die Straße lief, einen Plastik- oder Pappbecher in der Hand, aus dessen Deckelschlitz er hin und wieder ein Schlückchen trank, hätten sie sich ziemlich gewundert …

Erst recht natürlich über all die Passanten, die vor sich hin reden, murmeln, schimpfen, lachen, während sie sich ein kleines flaches Rechteck ans Ohr halten. Reden die mit ihrer Zigarettenschachtel?

Und auch diese Geste ist bereits Vergangenheit. Jemand unter 25 hält das Handy nicht mehr ans Ohr. Er trägt es vielmehr flach unter dem Kinn beim Plaudern.

Frag ich den Löwen: Wie können die denn hören, was der am anderen Ende  sagt?!

Vermutet der Löwe: Vielleicht wollen sie gar nichts hören. Nur reden …


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