An einem 10. April im Jahr 1849 meldete der amerikanische Erfinder Walter Hunt so ein Metallstück zum Patent an.
Die Idee war nicht direkt neu; eigentlich war sie sogar uralt. Ein Metallstück zum Durchpieksen und Eingehaktwerden, um Stoff am Körper zu halten, wurde, zusammen mit Bindebändern, seit der Erfindung von Kleidungsstücken benutzt. Erst, als der Knopf erfunden war, im späten Mittelalter, rutschte die Nadel von ihrem Spitzenplatz als Kleiderschließe. Sie trug zwar im Altertum andere Namen (zum Beispiel ‚Fibel‘) und war im Vergleich zur schlichten Sicherheitsnadel meistens ein Prunkstück, nach außen getragen und gern gezeigt.
Walter Hunts Sicherheitsnadel versteckt sich lieber, sie macht ihren Job selbstlos und bescheiden. Vielleicht, weil ihr Erfinder eine ähnliche Persönlichkeit hatte. Hunt neigte dazu, seine eigenen Erfindungen anzuzweifeln und darauf abzuklopfen, ob sie moralisch einwandfrei wären.
Um als Erfinder zu viel Geld zu kommen, braucht es viele neue, zündende Ideen, Dinge, die auch funktionieren und die der Menschheit weiterhelfen – möglichst, aber nicht immer, zum Guten.
Ideen produzierte Walter genug.
Ihm fielen Sachen ein wie die Straßenbahnglocke, eine Dreirad-Variante oder die Rocket-Ball-Patrone für Handfeuerwaffen – eher nicht moralisch einwandfrei …
Um jedoch richtig erfolgreich zu sein und die Früchte des Erfindungsgeistes auch ernten zu können, benötigt man Geschäftssinn und eine gewisse Rücksichtslosigkeit. Daran haperte es bei Walter Hunt erheblich.
Unter anderem hatte er eine sehr gute Nähmaschine entwickelt. Doch die Vorstellung, dass er damit Tausende von armen Nähmädchen um ihren Job bringen würde, hielt ihn davon ab, sie anzumelden.
An eigenem Geld mangelte es ihm obendrein. Hunt hatte 1848 einen Freund um 15 Dollar angepumpt, was ihm sehr auf der Seele lag. Diese Schuld wollte er endlich begleichen. Er saß am Tisch und spielte mit einem Metalldraht, den er hin und her bog. Dabei fiel ihm die Sicherheitsnadel ein, mit Betonung auf Sicherheit.
Denn die Nadelspitze ruhte hinter einem kleinen Riegel und konnte den Träger so nicht stechen.
Das Patent verkaufte der Erfinder sofort weiter, für die erfreuliche Summe von 400 Dollar. Jetzt konnte er endlich seinem Freund die 15 geliehenen Dollar zurückgeben und behielt noch 385 Dollar übrig.
Der neue Inhaber des Patents allerdings machte damit Millionen.
Bis dahin schloss man Babywindeln, indem man dem Kind den äußeren Stoff fest unter den inneren Stoff rund um die Taille stopfte. Ab jetzt hielt eine kräftige Sicherheitsnadel jede Menge Stoff um den kleinen Popo zusammen. Und wenn Mama sich nicht zu dusselig anstellte und das Kind stach, bevor die Nadel geschlossen war, dann konnte ihm nichts weh tun. Die Sicherheitsnadel war bald so unentbehrlich wie die Windel selbst, ein Riesengeschäft.
Ein weiteres Riesengeschäft war das mit der Nähmaschine. Das machten andere Erfinder, und wirklich wurden Tausende von armen Nähmädchen arbeitslos.
Walter Hunt starb, 61jährig, völlig mittellos. Aber vermutlich mit reinem Gewissen …
Glücksfaktor, in fast jedem Fall: Ideen. Weiterer Glücksfaktor: Talent zur Vermarktung der Ideen.