10. September: Sirenentag


Heute sollen sie heulen, allüberall in unserem Land. Zur Probe – man kann ja nie wissen.

Charles Cagniard de la Tour, eine Art französischer Daniel Düsentrieb, erfand das Gerät im Jahr 1819 und verpasste ihm gleich seinen romantischen Namen, den er aus der griechischen Mythologie geschöpft hatte.

Die mythischen Sirenen waren ungute Meerweiber, Vorläuferinnen der Kunstfigur Lorelei. Sie besaßen jedoch nur eventuell einen Fisch-Unterleib;

eher waren sie unterwärts Vögel – jedenfalls mit Federn bestückt, vielleicht sogar geflügelt und mit Möwenfüßen. Ihre Gesichter sollen wenig anziehend gewesen sein, oft werden sie, genderneutral, mit Bärten dargestellt.

Sie wohnten im Mittelmeer, mutmaßlich im griechischen Gebiet, auf welcher Insel ist sehr umstritten. Jedenfalls war es ihre erklärte Aufgabe, Männer (also Seeleute) anzulocken, die an ihren Klippen zerschellten oder von ihnen massakriert wurden. Übrigens nicht zum Zwecke des Verspeisens, sondern eben einfach, weil es ihr Job war.

Und da sie mit bärtigen, unschönen Gesichtern und Federpopo wenig Anlock-Potenzial besaßen, wurden sie mit traumhaft schönen Stimmen ausgestattet. Sobald ein nahendes Schiff gemeldet war, legten die Sirenen los mit ihrem betörenden Gesang. Nicht nur die Stimmen, auch der Text schien mächtig attraktiv zu sein. Sie versprachen nämlich dem Zuhörer, ihm seine Zukunft zu verraten!

So weit bekannt, gab es genau zwei Kerle, die ihnen widerstehen konnten. Der eine war Orpheus, selbst Sänger und Klampfenschläger, der im Vorbeisegeln tief Luft holte und die Mädels einfach über den Haufen sang.

Der andere war Odysseus. Listenreich wie stets, wollte er sich den Ohrenschmaus nicht entgehen lassen, ohne deshalb sein Leben (und das seiner Mannschaft) sowie sein Boot zu riskieren.

Also verstopfte er seiner Crew die Ohren mit Wachs, ließ sich selbst fest an den Mast binden und nahm jedem das Versprechen ab, ihn auf keinen Fall loszumachen, sosehr er auch durch Grimassen oder Augenrollen dazu aufforderte. Woran sie sich, vorübergehend taub gegen die Flüche ihres Chefs, hielten.

Nachdem ihnen nun sowohl Orpheus als auch Odysseus durch die Lappen gegangen waren, verübten die Sirenen kollektiv Selbstmord, eventuell mit Schwanengesang.

Was allerdings Charles Cagniard de la Tour sich gedacht hat, als er seinem Heulgerät den Namen unwiderstehlicher Sängerinnen gab, wird sein Geheimnis bleiben.

Glücksfaktor: wenn sie nicht nötig sind …


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