16. Dezember 1775: Geburtstag von Jane Austen


Die inzwischen wieder jeder – und vor allem jede – kennt.

Sie war fast zwei Jahrhunderte, zumindest außerhalb Englands, ziemlich in Vergessenheit geraten. Doch in den neunziger Jahren fanden britische Drehbuchautoren, dass sich ihre Romane wunderbar für Fernsehserien und Filme eigneten. Die Geschichten um junge Damen aus der Gentry, (dem niederen Adel oder gehobenen Bürgertum) im England des späten achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhunderts, die nach einigen Irrungen und Verwicklungen das angestrebte Ziel, günstige Verheiratung, mit tiefen romantischen Gefühlen verbinden durften. Das Thema scheint ziemlich zeitlos zu sein und immer noch, trotz veränderter Kultur und anderem Frauenbild, zu gefallen.

Deshalb wissen jetzt viele Mädels – die sonst wenig mit Historie am Hut haben – auch bei uns, wie man sich im ‚Regency‘ anzog und frisierte.

Jane Austen war zu ihrer Zeit bereits ziemlich erfolgreich. Sie erntete so etwas wie Ruhm, weil sich mit der Zeit herumsprach, wer die ‚Lady‘ war, die diese Romane verfasste. Zeit ihres Lebens erschienen ihre Bücher nie unter ihrem Namen. Übrigens blieb Austen nicht deshalb anonym, weil sie geheimnisvoll tun wollte. Eine Dame der Gesellschaft veröffentlichte wohl durchaus Bücher, doch möglichst nicht unter ihrem wahren Namen. Das gehörte sich nicht. Das Schriftstellern an sich war Männersache. Wenn eine Frau literarisch tätig war, dann musste sie deutlich machen, dass sie damit um Himmels Willen nicht so etwas wie ‚einen Beruf‘ anstrebte, sondern es nur zum Zeitvertreib tat …

Wie die Schwestern Brontë war auch Jane die Tochter eines Geistlichen, die zweitjüngste von acht Kindern, davon sechs Jungen. Ihre einzige Schwester, Cassandra, zwei Jahre älter, war zugleich ihre beste Freundin und Vertraute. Beide verfehlten das Klassenziel, das einzig vorhandene: zu heiraten. Da Frauen zweifelsfrei außerstande waren, sich selbst zu ernähren, bedeutete das ein klägliches Versagen. Es nützte gar nichts, erfolgreiche Autorin zu sein, es sei denn, man war bereit, sich außerhalb der Gesellschaft zu positionieren als monströse ‚alleinverdienende Frau‘.

Die Möglichkeiten für eine intelligente Person des ’schwachen‘ Geschlechts blieben begrenzt. Jane und Cassandra waren vermutlich nicht weniger hübsch oder charmant als die allermeisten Mädels ihrer Umgebung, die das Glück hatten, zu heiraten. Vielleicht waren die beiden ein Stück gebildeter und intelligenter, eher ein Nachteil. Vor allem machten sie diese Eigenschaften kritischer und bewusster – und Jane, das weiß jeder, der ihre Bücher gelesen hat, besaß eine scharfe Zunge.

Verliebt ist Jane Austen auf jeden Fall einmal gewesen, und es ging traurig aus. Es gab im Winter 1795/96 einen jungen Mann, den sie Cassandra in einem Brief als ’sehr gentlemanlike, gut aussehend und angenehm‘ beschrieb. Das war Tom Lefroy, drei Wochen jünger als sie. Sie scheinen intensiv geflirtet zu haben, aber schließlich teilte Jane ihrer Schwester mit: ‚Wenn du dies erhältst, wird alles vorbei sein. Während ich schreibe, fließen meine Tränen bei diesem melancholischen Gedanken …‘

Was im Wege stand, war der finanzielle Aspekt. Kaum ein Mitglied dieser Gesellschaft war frei, zu tun, was er oder sie wollte. Weder Jane noch Tom verfügten über besondere Mittel. Es galt jedoch grundsätzlich, beim Heiraten einen Gewinn zu machen oder jedenfalls materiell auf Augenhöhe zu bleiben. Die damalige Literatur, von den Brontës bis zu Dickens, behandelt häufig dieses schmerzliche Thema. Lefroy wusste sich von einem Großonkel abängig, der seine juristische Ausbildung finanzierte und der, völlig normal, eine Frau ohne vernünftige Mitgift für Tom nicht gebilligt hätte. Seine Familie zog ihn also schleunigst aus dem Bereich dieser jungen Frau und achtete darauf, dass sie sich nie wieder begegneten. 

Einige Jahre später schrieb Jane von einer Reise an Cassandra, dass sie zufällig Verwandte von Lefroy getroffen hätte, jedoch zu stolz gewesen sei, sich nach ihm zu erkundigen. Ausleben konnte sie die Sache nur in ihren Romanen, in denen sich die Schlüsselfiguren am Ende immer ‚bekommen‘. Und im letzten Kapitel, wenn alles gelöst ist und der Hochzeitstermin feststeht, unterhalten sie sich dann (erlösend!) häufig darüber, was sie damals gedacht haben, als sie noch so distanziert taten …

Ab 1816 ging es Jane Austen nicht so gut. Sie war, mit Anfang 40, eine anerkannt hoffnungslose alte Jungfer und dufte ihr Häubchen tragen wie eine verheiratete Frau. Auf offene Locken wäre nun sowieso keiner mehr reingefallen.

Es ist unklar, an was für einer Krankheit sie litt, die Vermutungen schwanken zwischen Lymphdrüsenkrebs und einer Unterfunktion der Nebennierenrinde, eine hormonelle Autoimmunerkrankung.

Ihre Kankheitssymptome verstärkten sich rapide, nachdem ihr Onkel starb und Janes Familienzweig gewissermaßen enterbte, indem er sein gesamtes Vermögen seiner Frau hinterließ. Sie schrieb: ‚Ich schäme mich zu sagen, dass der Schock über das Testament meines Onkels einen Rückfall ausgelöst hat … aber ein schwacher Körper muss schwache Nerven entschuldigen‘.

Sie fühlte sich erschöpft, litt an Leib- und Gelenkschmerzen, Verdauungsstörungen und Übelkeit  und wurde immer schwächer. Solange sie noch aufrecht sitzen konnte, schrieb sie an ihrem letzten, unvollendeten Roman ‚Sanditon‘. Von da ab lag sie meistens, manchmal auf drei nebeneinandergestellten Stühlen. Sie selbst meinte, sie leide an Rheumatismus und der Galle. Mit dem Frühling 1817 konnte sie nicht mehr Laufen, im Mai wurden die Schmerzen so quälend, dass sie äußerte, sie würde den Tod begrüßen.

Jane Austen starb am 18. Juli und wurde, weil ihr Bruder Henry gute Beziehungen zur Kirche besaß, in einem Seitenschiff der alten Kathedrale von Winchester beigesetzt, ein nobler Platz für die Ewigkeit. Ein anderer Bruder, James, schrieb das Epitaph, in dem er von ihrem edlen Charakter und vom Seelenheil redete und von der Begabung ihres Geistes. Dass sie großartige Romane geschrieben hatte, wurde mit keinem Piep erwähnt …

Glücksfaktor: Es gibt keine ‚gute alte Zeit‘. Jede Zeit hat ihre guten und ihre schlechten Seiten.

 

 

 

 

 

 

 


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