16.Juli 1951: Der Fänger im Roggen erscheint


 

Der amerikanische Schriftsteller Jerome David Salinger veröffentlichte nur diesen einen Roman (außer etlichen Kurzgeschichten). Das Buch wurde, um den sehr strapazierten Ausdruck zu gebrauchen, Kult.

Der sechzehnjährige Holden Caulfield schildert darin, deprimiert, anspruchsvoll und ständig enttäuscht, seine Weltsicht. Er ist eben mal wieder von einem Internat geflogen infolge schlechter Schulleistungen, traut sich nicht nach Hause wegen der vorhersehbaren Reaktion seiner Eltern und treibt sich drei Tage lang in Manhattan herum, nachdem er seine Schreibmaschine verkauft hat und von dem Geld in einem Hotel übernachten kann. Dabei begegnet er verschiedenen, sehr unterschiedlichen Menschen, die er allesamt sofort be- und verurteilt. Sie erscheinen ihm selbstsüchtig, oberflächlich und vor allem: verlogen.

Durch diese strenge Zensur kommen nur Kinder, namentlich sein verstorbener kleiner Bruder und seine zehnjährige Schwester Phoebe, deren Charakter er hoch einschätzt und der er – in einer für ihn sehr untypisch glücklichen Gemütsverfassung – beim Spielen zuschaut.

Holden sieht für sich selber keine Perspektive. Als seine Schwester ihn fragt, was er denn gern machen würde, antwortet er, er möchte ein Fänger im Roggen sein. Damit bezieht er sich auf ein (falsch verstandenes) Gedicht von Robert Burns, in dem es eigentlich – wie häufig in Burns-Lyrik – um Liebesgeplänkel geht. Aber Holden Caulfield stellt sich ein Roggenfeld vor, in dem kleine Kinder selbstvergessen spielen, ohne den Abgrund am Rand des Feldes zu bemerken. Er will derjenige sein, der die unverdorbenen, offenen und ehrlichen kleinen Geschöpfe auffängt, bevor sie in den Abgrund stürzen. Vermutlich in den Abgrund des Erwachsen- und Verlogenwerdens.

Die ganze Geschichte wird in der Ich-Form erzählt und  im damaligen Jugend-Slang, eintönig, deftig und sicher sehr authentisch. Das Buch erzielte Millionenauflagen auf der ganzen Welt, ist ein Longseller und immer noch in jeder Buchhandlung zu bestellen.

Viele Prominente wie etwa Madonna, Bob Dylan oder Johnny Depp erklären seit Jahrzehnten, der Roman sei wichtig für ihre Entwickling gewesen und hätte sie in ihrem Schaffen oder ihrer Lebensplanung stark beeinflusst. Marc David Chapmans, der Mörder von John Lennon, trug es am Tag der Tat mit sich herum und identifizierte sich, wie er sagte, mit Holden Caulfield.

Dass ist insofern absurd, als Chapmans Mordmotiv erklärtermaßen der Wunsch war, berühmt zu werden. Dagegen hatte J.D. Salinger, Erfinder und Alter Ego von Holden Caulfield, einen ausgeprägten Ekel vor Berühmtheit. Sein Erfolg mit dem Fänger im Roggen war ihm selbst, wie er sagte, unheimlich. Statt sich öffentlich feiern zu lassen, verbarg er sich lebenslang hinter hohen Grundstücksmauern vor der Öffentlichkeit. Was ich ganz außerordentlich nachempfinden kann …

 

 

 

 

 

 


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