Sie war entscheidend für das Schicksal Norddeutschlands, speziell Schleswig-Holsteins und Hamburgs.
Die Stadt an der Elbe befand sich seit dem Anfang des Jahrhunderts überwiegend unter dänischer Herrschaft. Das lag vor allem an Dänenkönig Waldemar II., dem aufreizend und nahezu ununterbrochen Siegreichen, wie sein Beiname lautete. (Nebenbei bemerkt der Gemahl der Heiligen Dagmar; doch das tut gerade nichts zur Sache.)
Waldemar war einer von denen, die den Drang haben, Weltreiche zu gründen. Bei solchen Leuten wird das Erobern zur Sucht. Allmählich gehörte ihm der größte Teil von Norddeutschland. Er hatte sich Mecklenburg einverleibt, eroberte Rügen bis Estland und kämpfte munter bei diversen skandinavischen Thronfolgekriegen mit. Doch dann machte er einen Fehler …
Er verdarb es sich nämlich mit seinem guten Freund Heinrich von Schwerin. Es mag um Macht- und Landesfragen gegangen sein, der Klatsch allerdings behauptet, der Dänenkönig – er war bereits Mitte Fünfzig, für damalige Begriffe ein steinalter Herr – hätte mit der Gemahlin Heinrichs herumgeschäkert. Letzterer zählte übrigens fast siebzig Lenze. Trotzdem scheint ihm jede Altersmilde gefehlt zu haben, denn er kidnappte im Mai 1223 wutschnaubend seinen galanten Herrscher mitten im Frieden bei einem Jagdausflug und stopfte ihn in Mecklenburg in einen Kerker – In strengste Haft, sagt der Chronist.

Der König war weg. Waldemars Riesenreich zeigte sich ziemlich irritiert. Der deutsche Kaiser intervenierte: Heinrich von Schwerin antwortete gar nicht. Der Papst versuchte, zu vermitteln: Heinrich von Schwerin reagierte in keiner Weise. Albrecht von Orlamünde versuchte, seinen Onkel und König mit Waffengewalt zu befreien: Heinrich von Schwerin besiegte ihn und nahm auch ihn gefangen.
Allmählich hatte der Dänenkönig zwei Jahre Kerker hinter sich und war bereit, alles Mögliche zu versprechen, wenn er dadurch endlich freikam.
Heinrich von Schwerin verlangte nicht nur ein hohes Lösegeld, er forderte auch einen heiligen Schwur, dass Waldemar Holstein, Stormarn und so weiter (plus Hamburg) zukünftig unbeansprucht lassen sollten.
Waldemar hob die Schwurhand, gelobte alles und durfte Weihnachten 1225 nach Hause. Als Nächstes setzte er sich mit Papst Honorius III. in Verbindung und bat darum, ihn von diesen albernen Eiden zu entbinden, zu denen er erpresst worden sei. Honorius kam der Bitte nach. Da rüstete sich Waldemar, der Siegreiche, zu einem XXL-Feldzug gegen Heinrich von Schwerin und überhaupt alle, die es wagten, ihm im Wege zu stehen.
Das Gefecht ging in die Geschichte ein als eine der letzten großen Ritterschlachten des europäischen Mittelalters und fand nahe dem netten kleinen Ort Bornhöved östlich von Neumünster statt.
Die Gegend hat das Pech, schön zentral zu liegen; schon 798 mähten sich hier die Abodriten und die Sachsen in einem gewaltigen Waffengang gegenseitig nieder und 1813 vermöbelten sich an derselben Stelle russische, preußische und dänische Truppen.
Die Schlacht von Bornhöved im Jahr 1227 wird historisch und vor allem in der Kirchengeschichte auch als Maria- Magdalena-Schlacht bezeichnet, denn sie ereignete sich am 22. Juli, dem Tag, der dieser Heiligen geweiht ist.
Früh am Morgen versammeln sich die mächtigen Heere einander gegenüber.
Auf der einen Seite standen Adolf von Schauenburg und etliche norddeutsche Fürsten, Lübecker Bürger, der Bremer Erzbischof Gebhard und natürlich Heinrich von Schwerin, alle mit ihren persönlichen Streitkräften, zusammen ungefähr 11000 Mann.
Waldemar der Siegreiche allerdings, dem Otto von Lüneburg mit seiner Armee zur Seite stand, verfügte über mindestens 14000 Streiter. Außerdem hatte er kurz vorher noch schnell die Dithmarscher besiegt und zwang sie nun, ihm Waffendienst zu leisten und sein Heer zu ergänzen, gut 1000 zusätzliche Männer, als Nahkampf-Bodentruppe eingesetzt.
Das Wetter war heiß und trocken, ein kräftiger Wind blies aus Osten. Die aufgehende Sonne reflektierte die Rüstungen der Männer. Leider gab es keinen Schiedsrichter, der durch Münzwurf feststellte, welche der Mannschaften zuerst gegen das Licht anblinzeln musste. Die norddeutschen Truppen kamen nun mal von Südwesten und wurden demnach von vornherein geblendet, ein bedeutender Nachteil.
Ich möchte die Schlacht an dieser Stelle, bevor sie beginnt, einen Moment erstarren lassen und mir einige Gedanken über die handelnden Personen machen.
Adolf III. war damals Anfang zwanzig, in Ordnung. Doch der grimmige alte Schweriner Heinrich befand sich im zweiundsiebzigsten Lebensjahr! (Ein Jahr später starb er dann auch in diesem damals höchst gesegneten Alter.) König Waldemar brachte es inzwischen auf 57 Jahre, hatte kürzlich, wie wir wissen, zwei Jahre in ‚strengster Haft’ verbracht – im 13. Jahrhundert kein Wellnessurlaub – vor einigen Tagen die Dithmarscher verprügelt und schien sich wenig Gedanken um Alters-Teilzeit oder Ähnliches zu machen. Hätte man nicht von diesen ehrenwerten Greisen erwarten sollen, dass sie in Decken gewickelt herumsaßen, sich den Bart kraulten und über ihre Zipperlein sprachen, statt in bleischwere Rüstungen genietet stundenlang um sich zu schlagen?
Dabei standen sie gar nicht so vereinzelt da mit ihrer nicht endenden Kampfkraft, es gibt viele Beispiele dieser Art, im Sinn des Wortes rüstige Kerle.
Doch nun beginnt die Schlacht. Das Morden dauert Stunde um Stunde und es steht gar nicht gut um die Armee des jungen Schauenburgers – sie beginnt bereits, sich zurückzuziehen.

In diesem Augenblick springt Adolf von seinem Pferd, kniet sich mitten im Kampfgetümmel hin und betet leidenschaftlich. Zu Maria Magdalena übrigens, weil die am 22. Juli nun mal für kleine Bitten zuständig ist.
Adolf verlangte nichts umsonst. Er bot an, falls die Heilige ihm und seinem Heer beispringen möchte, ihr zum Lob ein Kloster zu gründen und selbst Mönch zu werden.
Ein faires Angebot.
Maria Magdalena soll praktisch sofort am Himmel erschienen sein, Adolf konnte kaum so schnell wieder sein Pferd besteigen. Die Heilige wedelte mit ihrem Schleier (nach anderen Legenden-Quellen jedoch auch mit ihrer Schürze, wer weiß, von welcher häuslichen Tätigkeit sie herbeigeeilt war) und schuf völlig andere Licht- und Wetterverhältnisse. Der Wind drehte auf dem Absatz, er pustete nun den Dänenrecken Sand und Staub ins Gesicht und auch die Sonne blendete aus einem ganz neuen Winkel.
Hilfreich mag zudem die Tatsache gewesen sein, dass die Dithmarscher Söldner sich inzwischen darauf geeinigt hatten, doch lieber für Deutschland als für Dänemark zu kämpfen. Auch sie drehten auf dem Absatz um und griffen Waldemars Heer von der Seite an.
Der Dänenkönig wehrt sich mutig und streitet in vorderster Reihe, doch diesmal verliert er: nicht nur die ganze Schlacht, sondern auch ein Auge. Bevor ihm Schlimmeres passieren kann, rettet ihn sein Feind Adolf der Schauenburger. Er sorgt persönlich dafür, dass der ramponierte Waldemar Richtung Kieler Förde fliehen kann. Adolf war nun mal ein durch und durch Guter.
Zwei Jahre später versöhnt er sich dann auch noch derartig mit dem besiegten alten König, dass er sein Töchterchen mit dessen Sohn verlobt. Die beiden heiraten später wirklich, 1237, und zwar mit Protz und Prunk in Hamburg.
Abgesehen von diesem Happyend bedeutete der Sieg der Deutschen in der ungewöhnlich blutigen Schlacht das Zerbrechen des dänischen Großreiches und seiner Vorherrschaft an der Ostsee. Alle dänischen Eroberungen (bis auf Rügen) fielen an das Heilige Römische Reich zurück und die Grenze wurde für lange Zeit von der Elbe bis hinauf an die Eider geschoben.
Hamburg war wieder eine deutsche Stadt und blieb es auch (bis 1806, da wurde sie französisch). Noch im selben Jahr stiftete Adolf IV. – die Schauenburger pflegten ihre Schwüre zu halten – das St. Maria-Magdalenen-Franziskanerkloster, ungefähr da, wo heute die Börse steht. Wie nicht anders zu erwarten, trat er als einfacher Laienbruder selbst in dieses Kloster ein, nachdem er seinen weltlichen Kram sortiert, fix noch einige Städte (darunter Kiel) begründet, sowie Vormünder für seine minderjährigen Kinder aufgetrieben hatte. Auf einer Bildtafel haben die Franziskanerbrüder Adolf bescheinigt:
Er war ein Spiegel unter den Herrschern, der Stolz der Holsten, das Licht der Schauenburger und eine Zierde unter den Guten.
Glücksfaktor: Leute, die ihre Schwüre und Versprechen halten!