26. April ist in den USA Remember-your-first-kiss-day


Wer erinnert sich noch an seinen ersten Kuss?

Ich behaupte, derjenige, bei dem das mit Verliebtheit zu tun hatte.  

Küssen an sich ist zweifellos eine nette Beschäftigung. Aber ohne Romantik taugt es nicht viel. Je größer die Spannung zwischen zwei Menschen ist, umso gewaltiger kommt ihnen der Moment der Entladung vor, an dem sie sich endlich näher als nahe sind.

Deshalb glaube ich, es geht nicht um den ersten Kuss an sich, den ersten Kuß eines Lebens. Der kann langweilig gewesen sein, eine Enttäuschung – verrutscht, zu nass, zu schüchtern, zu aufdringlich. Häufig, da er schließlich in sehr jungen Jahren erfolgt, von jemandem verpasst, der selbst über wenig bis gar keine Erfahrung verfügt. Wobei es auch Naturtalente gibt, die nicht groß üben müssen, um traumhaft zu küssen.

Ich hatte tatsächlich Glück mit meinem aller- allerersten Kuss: Ich bekam ihn (und viele seiner Brüder) auf einem Schulausflug zur Sonnenwende von einem Jungen aus meiner Klasse. Ich war seit einem Monat fünfzehn, er ein Jahr älter – weil diese Klasse bereits einmal durchgemacht – und zwischen uns hatte sich in den vergangenen Wochen ein sehr aufregender Flirt entwickelt.

Wir alle – die gesamten Internatsschüler ab unserer Altersklasse aufwärts und einige Lehrer und Erzieher – waren am Nachmittag lange durch die Wälder gelaufen.

Auf dem Hinweg wanderte ich noch neben meiner besten Freundin, wir kicherten viel und waren enorm aufgedreht und wechselten alle möglichen witzigen Bemerkungen mit einer Gruppe von Jungen, die vor uns liefen und unter denen ER sich auch befand.

Spät am Abend erreichten wir eine Lichtung, auf der ein Holzstoß für das Sonnenwendfeuer errichtet worden war. Jetzt gab es Picknick und unvermeidliche Gesänge (das war eine Waldorfschule) und um zwölf wurde das Feuer angezündet.

Rundherum wurde es immer dunkler. Natürlich hatten einige der Schüler verbotenerweise Schnapsfläschchen mitgeschmuggelt, ich bekam auch irgendwoher einen Schluck. Und ER schaffte es, dass wir ein wenig abgesondert auf einem Baumstamm sitzen konnten. Die Nacht war wunderbar, sommerlich und warm. Es hätte nicht romantischer sein können.

Auf dem Rückweg, wieder durch die Wälder zurück zur Schule, wanderte ich nicht mehr neben meiner Freundin, sondern neben IHM. Er hielt die ganze Zeit den Arm um meine Schultern, obwohl die Lehrer es sehen konnten – jetzt wurde es ja schon wieder hell.

Nach und nach wachten die Vögel auf und fingen an, zu zwitschern, der Tag brach an und ich erinnere mich, dass ich nach dieser langen Wanderung und der durchwachten Nacht sehr wach war und sehr glücklich.

Nö, es hat nicht lange gehalten. Wir haben uns bald gekracht (meine Schuld, ich war, gelinde gesagt, eine Herausforderung) und danach ‚ging‘ ich mit einem Jungen aus unserer Parallelklasse. Trotzdem, diese Johannis-Nacht im Wald mit dem Feuer und meinen ersten Kuss hab ich nie vergessen …

Ja, so sah ich damals aus:

Und dann hat mir eine Verwandte mal erzählt, dass sie auf ihrer Konfirmation, etwa im selben Alter, von einem Freund ihres Vaters in ein Nebenzimmer gebeten wurde. Dort sagte er: „Bei seiner Konfirmation muss ein Mädchen den ersten Kuss bekommen!“ und ließ der Ankündigung die Tat folgen. Es war übrigens tatsächlich ihr erster Kuss – der Mann hätte sich ja auch irren können. Sie war zu höflich und zu schüchtern, um zu protestieren, aber sie meinte, es gehörte zu den unangenehmsten Erfahrungen in ihrem Leben.

Glücksfaktor, demnach: Nicht nur der erste Kuss. Sondern auch die entsprechenden Begleitumstände.

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