Obwohl, eigentlich heißt er bis jetzt nur Hamburger. Das mit dem Gendern müsste man ihm noch beibringen.
Was ist ein Hamburger?
Zunächst mal ein Mensch, Geschlecht irrelevant, aus einer norddeutschen Groß- und Hansestadt. Manchmal auch relativ lecker.
Vor allem jedoch ein geteiltes, etwas schlappes Brötchen mit Einlage. Häufig SEHR lecker. Etwa Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts durch deutsche Einwanderer in Amerika eingeschleppt und zum ganz großen Geschäft für die irischstämmigen Brüder Richard James (Dick) und Maurice James (Mac) McDonald geworden, so um 1945 herum. Beide hatten die erklärte Absicht, vor ihrem 50. Lebensjahr Millionäre zu werden. Könnte geklappt haben, obwohl das eigentliche Milliardengeschäft weltweit mit dem platten Standard-Klops andere machten.
Vor vielen, vielen Jahren hatte ich die zwingende Idee, der Hamburger müsste aus meiner Heimatstadt kommen. Ich wurde ausgelacht und bekam zu hören, der Name leite sich natürlich von ‚Ham‘ ab, Schinken. Auf meine Frage, wieso Schinken für Rinderhack bekam ich dann schon keine Antwort mehr.
Inzwischen hat sich jedoch mein Verdacht bestätigt. Der Hamburger, weiß der kulturgeschichtlich gebildete Mensch nun, ist ein legitimer Nachkomme des ‚Runds-Tück warm‘.
Meine Mutter, die aus Berlin stammte, nannte einen gebratenen Fleischklops ‚Bulette‘, hätte ihn niemals in ein Brötchen (bei ihr ‚Schrippe‘) gesperrt und hatte überhaupt keine Ahnung.
Ich jedoch kannte als Achtjährige glücklicherweise Tante Martha, eine seit vorgeschichtlicher Zeit in Eilbeck ansässige magere Hanseatin. Meine Schulfreundin Eveline war ihre Enkelin und hätte sie also eigentlich ‚Oma‘ nennen müssen – doch da Tante Martha eben für alle Tante Martha war, fiel das mit ‚Oma‘ weg.
Tante Martha lud nicht nur Eveline, sondern auch mich montags gern mal zu Runds-Tück warm ein. Denn soviel steht fest: Runds-Tück warm war auf jeden Fall ein Montagsessen. Hier wurde der Rest vom Sonntagsbraten, egal, ob Schweine-, Rinder- oder Hammelbraten, und ja, auch falscher Hase oder Hackbraten, in dünnen Scheiben im wohlaufgesparten Rest der Bratensauce nochmal aufgekocht. Das Fleisch kam ins aufgeschnittene Runds-Tück und alles wurde mit der Bratensauce brühheiß übergossen. Dazu gern eine in Scheibchen geschnittene große Gewürz- oder Salzgurke. Überaus köstlich! Im Gegensatz zum späteren Hamburger bestimmt nicht mit den Fingern gegessen – „Kind, hast du keine Manieren?!“ – sondern, schon wegen der heißen Bratensauce, artig mit Messer und Gabel. Das Runds-Tück war ja dann entsprechend durchweicht.
So kam der damalige Mensch aus bescheidener Zeit zweimal in der Woche zu Fleisch, am Sonntag und, etwas gemindert, am Montag. Freitags gab’s Fisch und ansonsten Gemüse.
Inzwischen ist ja auch der Hamburger nicht mehr auf Fleisch angewiesen. Es gibt die schmackhaftesten Veggie-Burger mit vielen tausend Extras, sie ersetzen geradezu das (leider in Jütland zugunsten italienischer, griechischer und Chinesischer Restaurants weitgehend ausgestorbene) dänische Smørrebrød …
Glücksfaktor: Gutes Essen!