Warum wird geheiratet? Aus Liebe! lautet die seit vielleicht zweihundert Jahren gängige Ansicht. Also aus Gründen der Romantik. Aber das kommt schon wieder sehr aus der Mode.
Was brauchen wir so einen Zettel vom Staat? Wer nimmt schon noch einen gemeinsamen Namen an? Alleinerziehend zu sein ist auch viel cooler. Außerdem bringt eine Trennung deutlich weniger Komplikationen als eine Scheidung.
Früher hatten Ehen, vor allem solche der Oberschicht, triftige, nüchterne Gründe, finanzielle, berufliche. Wenn es sich beispielsweise um die Tochter aus einem Schusterbetrieb handelte und der Schwiegersohn notwendig ein Schuster sein musste. Nix Romantik. Wenn man sich auch noch zufällig gegenseitig gefiel, war das ein unerwarteter Bonus.
Und dann vor allem dynastische Gründe! Herrscher verbanden sich mit Herrscherssprößlingen, und wenn durch die Inzucht noch so seltsame Ergebnisse zustande kamen.
Da gab es im fünfzehnten Jahrhundert einen portugiesischen König, Manuel I., mit dem Beinamen ‚Der Glückliche‘. Unter seiner Herrschaft erlebte Portugal ein ‚Goldenes Zeitalter‘: die Entdeckung Brasiliens, das erste Kolonialreich im indischen Ozean samt der Entdeckung des Seewegs nach Indien (den hatte Columbus ja bereits gesucht und war dabei versehentlich auf Amerika gestoßen). Während dieser Blütezeit Portuals entstand dort sogar ein besonderer, prunkvoller Architekturstil, der Emanuelismus.
König Manuel sah gar nicht mal so mies aus, mit braunem Bart und blauen Augen. Was er zur Fortführung seines Glücks benötigte, was die passende Königin.

Da kamen als Schwiegereltern vor allem die Katholischen Könige in Frage, Isabella und Ferdinand von Kastilien und Aragon, damals so ziemlich das Feinste, Teuerste und Mächtigste, was zu haben war und ganz nebenbei die Chance, ein iberisches Großreich zu gründen, Spanien und Portugal zusammengefügt. Glücklicherweise besaßen Isabella und Ferdinand diverse Töchter.
Zunächst mal Isabella, die Älteste, seit einem Weilchen Witwe.

Sie hatte im Alter von zwanzig Jahren den erst fünfzehnjährigen Alfons von Portugal geheiratet, einen Kusin des glücklichen Manuel. Alfons war Infant, also Kronprinz, und er wäre aller Wahrscheinlichkeit nach König und ebenso glücklich geworden wie Manuel.
Die Idee hinter dieser Ehe war ganz dieselbe, Vereinigung des spanischen und des portugiesischen Königreichs, also der gesamten iberischen Halbinsel. Doch Alfons plumpste ein Jahr nach der Hochzeit so ungeschickt vom Pferd, dass er daran starb und nie auf den Thron kam. Statt seiner gelangte, schwupps, Vetter Manuel dorthinauf.
Nun folgte der zweite Versuch, die Reiche zu einem zu machen: Manuels Hochzeit mit Isabella. Die bekam auch nahezu sofort ein Söhnchen und erfüllte damit die wichtigste Aufgabe einer Königin. Bedauerlicherweise verlief jedoch die Geburt katastrophal, Isabella überlebte sie nicht. Und auch der kleine Thronfolger weilte kaum zwei Jahre auf der Erde.
Nächster Versuch, Spanien und Portugal zu verkneten. Manuel, der immer noch Glückliche, machte diesmal Hochzeit mit Isabellas zwölf Jahre jüngerer Schwester. Das war also Maria von Aragon, die am 29. Juni – im Jahr 1482 – Geburtstag hatte.

1500 war die prunkvolle Hochzeit, durch die Maria zur Königin von Portugal wurde. In den folgenden sechzehn Jahren tat sie, was sie konnte. Sie schenkte Manuel zehn Kinder, sieben Söhne und drei Töchter. (Und wahrscheinlich lagen auch noch einige Fehlgeburten dazwischen.) Acht der Kinder erreichten das Erwachsenenalter, eine damals beachtliche Quote. Dann hatte Maria vermutlich ihre Lebenskraft verausgabt und legte sich ins Grab.
Zwei Jahre später heiratete Manuel die Nichte seiner beiden verstorbenen Gattinen, die dreißig Jahre jüngere Eleonore von Kastilien. Dadurch wurde er in den ihm noch verbleibenden zwei Jahren seines Lebens noch zweimal Vater.
Genützt hat all das Geheirate, was das große Iberische Reich anging, allerdings nichts. Die Erbfolge verschob sich, andere Menschen heirateten und starben und wurden zu Erben. Die Zukunft lässt sich ungern planen, wenn sie will, entzieht sie sich dem durch ‚Unvorhersehbares‘ …
Glücksfaktor: Liebe, unberechenbar.