Alle neune!


Am 26. Januar 840 starb die Heilige Notburga von Bühl. Das ist ein hübscher kleiner Ort im Klettgau in Baden an der Grenze zur Schweiz. Am 26. Januar feiern sie dort jedes Jahr ein Notburga-Fest.

Die Heilige soll, ihrem außerordentlich deutschen Namen zum Trotz, eine schottische Königstochter gewesen sein und wurde, so heißt es, 796 in Edinburgh geboren. Mit achtzehn Jahren machte man sie zur Königin von Schottland, vier Jahre später heiratete sie einen Herzog namens Alboin. Da es, wie wir alle als kulturell gebildete Menschen wissen, um diese Zeit in Schottland ziemlich rau zuging (etwa 200 Jahre später hatte König Macbeth, das Vorbild für Shakespeares gewissensgebeutelten Düsterling, noch alle Hände voll zu tun mit Machtgerangel bis zum Totschlag rund um seinen Thron) – geriet auch Alboin in Schwierigkeiten. Er wurde im Zuge dessen erschlagen und Notburga, offenbar ebenfalls bedroht, floh über London nach Deutschland. Sie trug ein Andenken an ihren Gatten ‚unter dem Herzen‘, wie man damals sagte: Sie war schwanger.

Am 24. Juni 8020 fand die Niederkunft statt; Notburga warf – nein, bekam neun Kinder. Neun auf einmal. Neun. Realistischerweise starb eins der Kleinen, ein Junge, sofort. Die restlichen acht, sieben Mädchen und ein weiterer Sohn, blieben am Leben. 

Ich muss zugeben, dass ich zunächst nicht bereit war, das zu glauben. Neun Menschenbabys auf einmal? Aber dann erfuhr ich, dass so etwas tatsächlich hin und wieder vorkommt. In Texas wurde eine Frau 1998 von Achtlinge entbunden – einer wurde nur eine Woche alt, die anderen überlebten. 1971 bekam eine Australierin Neunlinge, die jedoch allesamt keine Woche am Leben blieben. Fünf Mädchen und vier Jungen brachte auch Anfang Mai 2021 in Marokko eine junge Frau aus Timbuktu  zur Welt – bis jetzt geht es allen prächtig.

Im Guinness-Buch der Rekorde wird sogar behauptet, es habe schon Zehnlingsgeburten gegeben. 1924 in Spanien, 1936 in China und 1946 in Brasilien. Und 1996 soll es auf Zypern  eine Frau gegeben haben, die elf Babys in sich trug. Was daraus geworden ist, bleibt unklar.

Da man nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass sowas lediglich seit hundert Jahren möglich ist, muss man also zugeben: Es könnte auch im neunten Jahrhundert passiert sein. Sogar der heiligen Notburga. Wer weiß? (Wobei mir einfach die Vorstellung Sorgen macht, wie man mit zwei Milchknöpfen acht kleine Mäuler satt bekommt.)

Deshalb, obwohl es wunderbar genug ist, wurde sie jedoch nicht heilig gesprochen. Sondern vielmehr, weil sie unendlich gut und wohltätig war, bereits in Schottland und nochmehr in Bühl. Außerdem kriegte sie es hin, in der Einsiedlerklause, in der sie zunächst mit ihren Babys wohnte, eine Quelle aus dem Felsen sprudeln zu lassen, indem sie nach dem Rezept vom alten Moses einfach mit einem Stab dagegen klopfte. Und was machte sie mit dem Wasser? Sie taufte ihre Lütten.

Etwas später half ihr das Kloster Rheinaus dabei, an der quelligen Stelle eine Kapelle, eine Schule und eine Herberge zu bauen. Heute steht dort eine Kirche, die 1707 fertiggestellt wurde. Das Grab der heiligen Notburga neben dieser Kirche war über Jahrhunderte ein Wallfahrtsort. Weshalb es den Gläubigen eine gewisse Enttäuschung bereitete, als sie es 1830 öffneten  – und feststellen mussten, dass niemand drinlag. Die schottische Prinzessin war wieder verschwunden. Trotzdem wallfahren die Leute nach wie vor hierhin. Man muss nicht so kleinlich sein.

Norburga starb im Alter von 44 Jahren und hinterließ acht fromme, gute Kinder. Zwei davon, ihre Tochter Hixta (oder Dixta) und ihr Sohn Eglisius, waren derart gut, dass sie inzwischen ebenfalls Heilige sind.

Notburga übrigens, das dachten wir uns, wird vor allem von den Schwangeren angerufen, die Hilfe bei Mehrlingsgeburten erbitten …

Glücksfaktor, unbedingt, gerade, wenn Babys im Haus sind: fließendes Wasser!


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