Also der 24. Januar ist Tag der Komplimente in USA


Darüber schrieb ich ja schon einmal. Ich sagte damals ironisch, es würden viel zu viel Komplimente gemacht, es wäre sinnvoller und ehrlicher, mehr zu kritisieren. Zu meinem Bedauern stimmten mir nicht wenige Leser zu.  

Deshalb nehme ich jetzt nochmal einen Anlauf und versuche es ganz ohne Ironie.

Das Wort Kompliment ist, zumindest hierzulande, häufig negativ besetzt. Viele Menschen lehnen Komplimente ab. Sie lehnen es ab, welche zu machen und sie lehnen es erst recht ab, welche zu kriegen. Mir scheint, die Ablehnung liegt darin, dass der Begriff als Schmeichelei oder eher noch als Einschmeicheln missdeutet wird. Warum eigentlich? Weshalb wird vorausgesetzt, jemand, der etwas Nettes sagt, hat böse Absichten oder Hintergedanken? 

Doch weil diese Befürchtung im Vordergrund steht, sind wir häufig auch außerstande, uns über eine lobende Bemerkung zu freuen. Wir nehmen sie von vornherein als verlogenen Versuch, uns über’s Ohr zu hauen. Wir wissen nämlich (in sympathischer Bescheidenheit) dass es an uns nichts zu loben gibt.

Ist das nicht etwas kläglich?

Es wird beispielsweise befürchtet, der Empfänger können durch lobende Worte (Schmeichelei) eitel gemacht werden.

Weshalb man Kindern auf gar keinen Fall Komplimente machen soll.

Einige Menschen freuen sich wohl eigentlich über Komplimente, wissen jedoch nicht, auf welche Art sie angenommen werden können. Geht man vornehm darüber hinweg und tut, als habe man sie nicht gehört? Sagt man höflich „Danke!“? 

Meist wird abgewehrt. Wer ein Lob akzeptiert, der besitzt nicht genügend sympathische Bescheidenheit. Also immer hau drauf auf die lobende Bemerkung, leugne tapfer, dass du schöne Zähne hast oder eine angenehme Stimme oder irgendein besonderes Talent. Rede es klein. Mach es runter … Ach ja, ich wollte das mit der Ironie ja bleiben lassen.

Es scheint, als wäre der besonders Schüchterne, der wenig von sich selber hält, besonders liebenswert.

Das ist insofern merkwürdig, als Psychologen übereinstimmend erklären, Selbstbewusstsein – ja, sogar Selbstliebe – mache attraktiv. Hier handelt es sich aber eine etwas neuere Erkenntnis, nachdem jahrhundertelang in jedem Märchen nur das völlig selbstlose Mädchen den Prinzen abkriegte. Und falls der Prinz  zu ihr sagte, sie wäre ja ganz reizend, dann wurde sie rot, knuddelte ihren Rocksaum und fand das furchtbar peinlich, statt sich zu freuen.

Das ist ein weiterer negativer Faktor an Komplimenten: Sie bringen den Empfänger in Verlegenheit.

Ich persönlich bin mit Komplimenten großgeworden. Meine Eltern sprachen beide gern welche aus, querfeldein, wo ihnen gerade etwas Nettes auffiel. Sie machten übrigens, völlig hemmungslos und  komplett unpädagogisch, auch mir Komplimente. Über einige Talente, die ich hatte und sogar über mein Aussehen.

Allerdings gingen sie nicht so weit, mich anzulügen.In einer Zeit, in der ich mich selbst dermaßen hässlich fand, dass ich beim morgendlichen Zähneputzen nicht in den Spiegel guckte

 (ich war absurd mager, langaufgeschossen, im Gegensatz zu allen Klassenkameradinnen komplett busenlos und durch Schilddrüsenüberfunktion glotzäugig) redete mir mein Vater ein, jede wirklich schöne Frau erlebe so eine Phase. Er behauptete, nur rassige Vollblutpferde gingen durch eine Zeit der übermäßigen Schlaksigkeit, nur ein Schwanenküken (siehe Hans Christian Andersen) mache die Etappe der plumpen Hässlichkeit durch, bevor es zum Traumwesen wurde. Das hat mir damals ganz enorm geholfen. Ich fand mich weiter hässlich, aber ich hoffte auf die Zukunft.

Vielleicht sollten wir einfach das Wort vergessen und durch ein schlichtes ‚Loben‘ ersetzen. Das macht es ungefährlicher. Gelobt werden darf doch wohl? Gelobt werden sollte. Es erfreut sowohl den Lobenden als auch den Gelobten. Es ist eine angenehme, helle Energie und es macht den Tag und das Leben erbaulicher.

Um zu loben braucht es noch nicht einmal einen anderen Menschen. Es ist möglich, das Wetter zu loben, die herrliche  Landschaft, durch die man geht oder fährt, einen schönen Garten,

die bezaubernde Natur, die eigene Gesundheit – falls man an irgendeiner Ecke keinen Schmerz verspürt und sich heil weiß.

Vergesst die Komplimente – lasst uns loben!

Glücksfaktor: Dass es so unendlich viel zu loben gibt …


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