Nein, ich meine jetzt nicht das, was Friedrich Schiller in seinem Arbeitszimmer, vor allem in seiner Schreibtischschublade, herumliegen hatte. Das waren faulende Äpfel. Er liebte den Geruch und fand ihn dichterisch inspirierend. Es heißt, dass dem armen Goethe, als er seinen Freund besuchte, einmal von diesem Obstmodergeruch kotzübel wurde. (Der war eben, vom Sternzeichen, Jungfrau. Die haben was gegen Schmutz und Gammel.)
Ich meine auch keine zu lange herumliegenden Äpfel, die man irgendwann nachdenklich betrachtet: Was lässt sich daraus jetzt noch machen? Apfelmus? Apfelpfannkuchen? Pony füttern? (Nicht mehr erlaubt; weder im Zoo noch auf der Weide.)

Rund vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Apfel-Allergie. Das hat vor allem was mit der Apfelsorte zu tun. Die Supermarktlieblinge Golden Delicius, Granny Smith und Jonagold besitzen beispielsweise sehr wenig vom Stoff Polyphenol. Daraus ergibt sich teilweise ihre äußere Schönheit. Außerdem laufen sie nach dem Anschneiden oder Reinbeißen wenig bis gar nicht braun an – das mag der ästhetisch verwöhnte Käufer nämlich nicht angucken, Igitt. (Obwohl gerade diese Bräune gesund ist; sie zeigt unter anderem, dass hier freie Radikale bekämpft werden. Der Apfel wehrt sich gegen das Angeschnitten oder -gebissenwerden.)
Braunen Apfelsaft würde kein Schöngeist kaufen. Einerseits wissen wir natürlich, dass es nur auf innere Werte ankommt. Andererseits: Igitt. Also wurde den meisten neuerdings gezüchteten und verkauften Apfelsorten Polyphenol abgewöhnt. Sie sind deshalb auch geschmacklich weniger herb. Andererseits machen sie Allergikern durch sofortiges Jucken nach dem Genuss zu schaffen.
Alte Apfelsorten wie Gravensteiner oder Boskop sind meistens nicht so hübsch und nicht so süß. Dafür besitzen sie eine Menge Polyphenol. Übrigens sollten apfelempfindliche Leute ihr Obst möglichst schnell verputzen, so lange es noch knackig ist.

Durch tagelanges Lagern erhöht sich der Gehalt an Allergenen. Der schlimmste dieser Burschen heißt Mal d1. Und der macht sich gern so richtig breit im Apfel, wenn er drei, vier, fünf Tage oder mehr in der Obstschale herumliegen darf. (Im Kühlschrank fühlt er sich nicht so behaglich.)
Ganz kürzlich wurde durch Tests an Allergikern ermittelt, dass häufig rote Äpfel weniger Abwehrreaktionen verursachen als grüne – da dachte man früher anders drüber. Die Wissenschaft wird eben täglich klüger, das ist schließlich ihr Job.
Wer den rohen Apfel nur schlecht verträgt, der sollte ihn kochen. Dadurch stirbt Mal d1. Apfelmus oder Apfelkompott oder Apfelkuchen sind ja auch was Nettes. Und dafür kann man dann gern die nicht-braun-färbenden neuen Sorten benutzen. Ist doch viel hübscher …
Glücksfaktor: Frisches Obst!