Am 13. April 1695 starb Jean de La Fontaine


Er wurde 73 Jahre alt, damals ein respektables Alter. In seiner Jugend studierte er ein kleines bisschen Theologie, aber das schien ihn eher zu erschrecken, weshalb er auf Jura umsattelte.

Anstatt jedoch anschließend Jurist zu werden, widmete er sich der Schriftstellerei.

Am Hof des frivolen Sonnenkönigs Ludwig kamen seine Werke gut an – denn sie waren ein wenig ziemlich frivol. La Fontaine verfasste Gedichte, einen Roman und das Libretto zu einer Oper von Lully. Bekannt und berühmt bis auf den heutigen Tag machten ihn allerdings nur seine Fabeln, die meistens von Tieren handeln, die mit einer menschlich verzwickten Welt umgehen müssen.

Als er Mitte zwanzig war, heiratete er eine ‚passende Partie‘, eine junge Adlige, mit der ihn so wenig verband, dass sie unterschiedliche Freunde besaßen und unterschiedliche Wege gingen. Immerhin bekamen sie sechs Jahre nach der Hochzeit einen (vermutlich gemeinsamen) Sohn. Einige Zeit später wohnten sie nicht einmal mehr zusammen.

Als La Fontaine ungefähr fünfzig war, begegnete er der großen Liebe seines Lebens, der schönen, gebildeten und klugen Marguerite de La Sablière. Sie wurde zu seiner Mäzenin und besten Freundin, förderte ihn, wo sie konnte und ließ ihn – so wie verschiedene andere Künstler – fast zwanzig Jahre lang in ihrem Palast wohnen.

Leider empfand sie nur Freundschaft für ihn, was er – in gemildertem und charmantem Ton, schließlich war er ein Mann von Welt – in einem Gedicht beklagte, das zur Fabel ‚Der Rabe, die Gazelle, die Schildkröte und die Ratte‘ gehört und in dem es heißt, er ermüde nie, die Liebe zu feiern und zu besiegen. Indessen könne sie seinem Herzen keinen Frieden bringen, denn sie, die geliebte Frau, ziehe ja die Freundschaft vor …

Marguerite de La Sablière war begierig auf Wissen. Sie ließ sich in Astronomie, Mathematik und Physik unterrichten und schrieb selbst, philosophische und zeitkritische Schriften.

Es gab einen Mann, den das ärgerte und der Marguerite deswegen angriff: der Schriftsteller Nicolas Boileau. Er verfasste eine frauenfeindliche Satire, in der er Madame de La Sablière und ihresgleichen verspottete.

Man sollte dazu vielleicht wissen, dass Boileau seine Gründe hatte, auf Frauen wütend zu sein: Bevor er erwachsen war, entfernte ihm ein Arzt mit einem eisernen Haken Blasensteine. Dadurch wurde und blieb Nicolas sein Leben lang impotent.

Marguerite de La Sablière verschmähte also La Fontaines Liebe und zog es vor, seine gute Freundin zu sein. Stattdessen genehmigte sich sich im reiferen Alter eine Romanze mit einem minder begabten, etwas jüngeren Dichter, Charles de la Fare. Als sie nach vier Jahren herausfand, dass der alles andere als treu war, brach sie die Beziehung tief enttäuscht ab und geriet in eine Lebenskrise, aus der heraus sie, die Hugenottin, katholisch wurde.

Das passte gerade gut. Auch Ludwig XIV., der Sonnenkönig, wurde praktisch gleichzeitig ganz unerwartet fromm durch das Zusammensein mit seiner neuesten, höchst sittsamen und religiösen Geliebten, Madame de Maintenon. Weshalb er überhaupt keinen Wert mehr auf La Fontaines Frivolitäten legte.

Und der Meister selbst, Jean de La Fontaine, erlitt drei Jahre vor seinem Tod nach einer schweren Krankheit ebenfalls eine religiöse Erleuchtung.

So starben sie allesamt gläubig und in Frieden. Bis auf Nicolas Boileau. Der ging, wie es heißt, verbittert von dieser Welt …

Glücksfaktor: Vorsichtige Ärzte.

(Und ein P.S. zu den Gemälden. Ist es nicht interessant, was Madame de La Sablière für fast männlich derbe, praktische Hände hatte? Und wie sensibel, fein und schlank dagegen die Hände von Nicolas Boileau aussehen?)

 

 


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