Am 19. Juli 1695 erschien in einer englischen Zeitung die erste Kontaktanzeige der Welt


Es handelte sich dabei offenbar um eine Herzensangelegenheit, denn der Text lautete: „Ein Gentleman von etwa 30 Jahren mit ansehnlichem Besitz sucht eine junge Lady mit einem Vermögen von ca. 3000 Pfund.“

So genau vermag nicht jeder anzugeben, was ihm zum Glück fehlt.

Diese Anzeige erschien in der Zeitung ‚Sammlung für den Fortschritt in Landwirtschaft und Handel‘ und wies ja auch im weitesten Sinne Bezug dazu auf. 

Trotzdem kam der Gentleman wohl mit seinem Anliegen zunächst nicht weiter. Verleger John Houghton wurde vielmehr von verschiedenen Lesern gefragt, ob das ein Scherz sein sollte. Nicht etwa, weil ihnen der Wortlaut zu merkantil vorkam; dass Verbindungen zwischen Mann und Frau eine Menge mit Wirtschaft und Geld zu tun hatte, bezweifelte niemand. Aber eine so direkte, abgedruckte Frage befremdete die Leserschaft. Es war eben, wie gesagt, die erste ihrer Art.

Jahrhundertelang galt die Sache  als suspekt. Warum hatte jemand es nötig, auf derart triviale Art derart dringlich nach einem Partner zu suchen? Das war schamlos. Außerdem war’s unromantisch, dem Schicksal ins Handwerk zu pfuschen. Leute, die sich tatsächlich über eine Anzeige kennengelernt hatten, pflegten nicht unbedingt damit anzugeben. Und für den Fall, dass nachgefragt würde, dachten sie sich irgend eine andere Art der ersten Begegnung aus. Heiratsanzeigen begannen häufig mit den Worten: „Ich suche auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Weg …“ um deutlich zu machen, dass man dazu stand. Jawohl.

Der Klartext der allerersten Anzeige hatte sich längst verloren. Stattdessen wurde gelogen, dass sich die Balken bogen. Niemand ließ die anderen wissen: Ich bin fett, dusselig, ungeschickt und ohne Zweifel selbst schuld daran, dass ich hier noch alleine sitze. Es gab bestimmte, vorgegebene Phrasen wie beispielsweise: „Ich bin ganz ansehnlich“. Das bedeutete, sieh mal, ich sehe prima aus, aber das ist mir eigentlich egal, auf jeden Fall bin ich nicht eitel!

Und irgendwann löste sich die Kontakt-Anzeige vom Papier und es ging los mit Online-Dating, Partner-Börsen oder auch schieren Erotik-Kontaktseiten. Die kulturellen Vorgaben änderten sich. Inzwischen wird laut und deutlich bestellt, was man haben will, männlich oder weiblich oder egal, gern auch mehrere Personen. Wir Menschen des 21. Jahrhunderts schämen uns über andere Sachen.

Computer errechnen fehlerfrei, wer perfekt zu wem passt. Computer sind in dieser Beziehung allwissend und unbestechlich. Leider klappt das selten. Wenn zwei Menschen sich real begegnen, sind andere Faktoren nötig  als ‚perfektes Zusammenpassen‘. Das  Unterbewusstsein mag es ahnen und zuraten oder abwehren – wenn Amor zugeschlagen hat, hilft das nicht mehr viel.

Glücksfaktor: Dass die meisten Menschen immer noch den Mut haben, sich zu verlieben – obwohl es danebengehen könnte …

 

 

, ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert