Am 19. Juli endete die Regentschaft der Königin Jane von England


Das war im Jahre 1553.

Ihr Vorgänger auf dem Thron, Edward VI. (der einzige Sohn von Heinrich dem Achten) war am 6. Juli gestorben, vermutlich an Tuberkulose.

Er wurde fünfzehn Jahre alt und war seit seinem neunten Lebensjahr König gewesen. Drei Tage lang hielt man seinen Tod geheim, weil über die Nachfolge alles andere als Einigkeit herrschte. Um ehrlich zu sein: Es gab ein einziges Kuddelmuddel und die verschiedenen maßgeblichen Lords rannten sich gegenseitig über den Haufen.

Furchtbar hinderlich schien die Tatsache, dass die Menschheit sich damals vor allem wegen der Frage Katholizismus oder Protestantismus in den Haaren lag. Die möglichen Nachfolgerinnen des Königs – auch noch alles Weibchen! – neigten entschieden entweder zum einen oder zum anderen. Und ein Rattenschwanz jeweils dranhängender Adeliger, die hofften, zu noch mehr Macht und Reichtum zu gelangen, intrigierten im Hintergrund und versuchten, die Königin ihrer Wahl auf den Thron zu knuffen.

Die beiden Töchter des dicken Heinrich, Maria und Elisabeth, galten je nach Betrachtung als illegitim. Ihr Vater ließ die Ehe mit Mutter Nr. 1 anullieren – das machte Maria zum ‚Bastard‘ – und trat die Ehe mit Mutter Nr. 2 erst recht in die Tonne, indem er sie wegen hochverräterischen Ehebruchs (mit wem-auch-immer) köpfen ließ. Das machte Elisabeth zum ‚Bastard‘.

Es sah so aus, als würde Jane, immerhin legitim, eine Großnichte von Heinrich VIII., das Glück haben, den Thron zu ergattern. Weshalb eine Delegation von Adligen am Morgen des 9. Juli (als der Tod des jungen Königs endlich zugegeben und öffentlich gemacht wurde) an ihrer Tür klopfte und ihr mitteilte, sie wäre nun Königin von England, herzlichen Glückwunsch.

Jane fiel vor Schreck zu Boden und brach in Tränen aus. Historiker argwöhnen allerdings, sie sei sehr wohl auf diese Möglichkeit gefasst gewesen und hätte die überrumpelte Ahnungslosigkeit nur gespielt, um in jedem Fall ihre Händchen in Unschuld zu waschen. Vielleicht jedoch ging es ihr auch mies, weil ihre gräßliche Schwiegermutter bereits zum zweiten Mal versucht hatte, sie zu vergiften, derart, dass sich ihr ‚die Haut vom Rücken löste‘. Zum hohen Adel zu gehören war damals eine gefährliche Sache.

Also war Jane ab dem 10. Juli 1553 Königin von England und ihre Krönung wurde geplant. Die fand jedoch nie statt, denn ihre Regierungszeit dauerte ja nur neun Tage. In dieser Zeit gab es einigen Ärger. Beispielsweise machte ihr junger Gatte Guildford (den sie sich keineswegs selbst ausgesucht hatte) Theater, weil Jane verkündete, er sollte nicht gekrönt werden. Außerdem ließ sich Maria, die älteste Tochter von Heinrich VIII, in einer anderen Ecke Englands gerade ebenfalls zur Königin ausrufen.

Schleunigst begannen Armeen, sich zu mobilisieren, um für die jeweilige Königin von England zu kämpfen. Doch jetzt hatte Jane Pech. Bevor der Krieg losging, liefen die Soldaten aus ihrem Heer scharenweise zu Maria über, vermutlich in dem Gefühl, das wäre denn doch die legitimere Thronerbin. Jane fand sich von Streitkräften entblößt – und erhielt gleich darauf die Erklärung, ihre Regierung sei vorbei und herzliches Beileid.

Maria, die Katholische, ritt in Begleitung ihrer rothaarigen Halbschwester (der späteren Elisabeth I.) umjubelt in London ein.

Ex-Königin Jane wurde im Tower inhaftiert und Anfang 1554 enthauptet. Auf dem Weg zum Schafott begegnete ihr, entgegenkommend, der Karren mit dem bereits kopflosen Leichnam ihres Gatten.

Sie betete vor der Hinrichtung noch einen Psalm (so evangelisch wie möglich), ließ sich von ihren Zofen helfen, Kleid und Haube abzulegen – ein Hinrichtungsopfer trug Unterwäsche – vergab dem Scharfrichter, weil das so Sitte und sowieso sein Job war und bat ihn, die Sache sauber und schnell zu erledigen. Obwohl er das zusicherte, wurde sie, bis hierhin gefasst, nun doch sehr nervös, verband sich selbst die Augen mit ihrem Taschentuch, fand dann aber den Richtblock nicht mehr – worauf sie verstört fragte, was sie jetzt tun solle und wo das Ding denn sei.

Darauf nahm sie ein katholischer Geistlicher, der anwesend war, weil Königin Maria bis zuletzt gehofft hatte, Jane würde noch konvertieren, bei der Hand und half ihr, vor dem Richtblock zu knien.

Ihr Kopf wurde – das war durchaus keine Selbstverständlichkeit – mit einem einzigen Hieb vom Körper getrennt. Da hatte Jane dann wieder mal Glück. Als sie starb, war sie noch keine 18 Jahre alt.

Glücksfaktor: Mangelnder Ehrgeiz? Eine völlig uninteressante Abstammung?


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