Am 20. Juli 1889 starb die dänische Zirkuskünstlerin Elvira Madigan


Sie wurde nur 21 Jahre alt.

Elvira arbeitete beim Zirkus, seit sie ein kleines Mädchen war, übrigens genau wie ihre Mutter. Zunächst war die kleine Elvira Kunstreiterin, später Seiltänzerin. Das machte sie so gut, dass der dänische König sie mit dem Kreuz in Gold auszeichnete. In einer Zeit ohne Kino und Fernsehen wurde die reizende junge Seiltänzerin zur Publikumsattraktion. 

Im Januar 1888 gastierte der Zirkus in Schweden. Sixten Sparre, Dragonerleutnant mit flottem Schnauzbart, Mitte 30 und seit acht Jahren (inzwischen ziemlich unglücklich) verheiratet, wollten seinem kleinen Sohn Karl Erik und seinem Töchterchen Märta etwas Nettes zeigen. Er setzte sich mit den Kindern in die erste Reihe, beschloss, nicht an den letzten Krach mit seiner Frau zu denken, schaute nach oben – und schon sah er etwas Nettes. Er erblickte Elvira.

Sie hatte ein hübsches rundes Gesicht mit ausgeprägtem Kinn, blauen, an den Winkeln melancholisch nach unten laufenden Augen, eine zarte Taille über anmutig gerundeten Hüften, einen  über den Augenbrauen gerade geschnittenen Pony und einen Wasserfall dunkelblonder Haare bis zum Po. Sie tanzte schwerelos auf dem Seil wie eine Elfe. Sixten verlor sein geschundenes Herz in einer Minute.

Zunächst führten beide einen heftigen Briefwechsel, dann begegneten sie sich, sehr heimlich.

Die Angelegenheit war unmöglich: Sie die Attraktion des Zirkus, der überhaupt keinen Wert darauf legte, seinen Star in einen Skandal verwickelt zu sehen oder gar zu verlieren. Einen Artisten sollte sie heiraten und viele kleine Kunstreiter in die Welt setzen. Er Familienvater und beim Militär, seiner Ehre verpflichtet. Selbst, wenn er unverheiratet gewesen wäre, hätten sie keine Chance gehabt. Ein Offizier gab sich nicht mit einer, um Himmels Willen, Seiltänzerin ab!

Dennoch war es Liebe, das wussten beide. Hoffnungslose Liebe. Elvira erkundigte sich in einem Gespräch bei ihrer völlig ahnungslosen Mutter, welcher Tod wohl schlimmer sei, erschossen zu werden oder zu ertrinken?

Einen kurzen Sommer, von Mitte Juni bis Mitte Juli 1889, gönnten sie sich. Sie brannten gemeinsam durch, weg vom Zirkus, weg von der Familie und aus der Kaserne; Sparre desertierte ganz schlicht. In den Zeitungen stand, die berühmte Künstlerin Elvira Madigan sei über Nacht spurlos verschwunden. Noch brachte man die beiden nicht miteinander in Beziehung.

Sie versteckten sich in einem Hafenstädtchen auf der dänischen Ostsee-Insel Fünen in einem Hotel und gaben sich als Hochzeitspaar in den Flitterwochen aus. Am 18. Juli wedelte dann der Hoteldirektor ungehalten mit der Rechnung – immerhin lebte das schöne Paar seit einem Monat in seinem Haus, ohne zu bezahlen. Unglücklicherweise gaben ihre jeweiligen Berufe wenig her, um einfach bürgerlich davon zu leben. Ein weiteres Mal verschwanden sie heimlich über Nacht.

Sie reisten weiter auf eine kleinere Insel, Tåsinge, und mieteten dort ein Gartenhäuschen bei einer Fischersfamilie. Doch ihnen war klar, dass sie sich am Ende ihrer kurzen Liebesgeschichte befanden. Am 20. Juli, einem warmen, sonnigen Tag, packten sie einen Picknickkorb und brachen in, wie berichtet wird, sehr glücklicher Stimmung zu einem Ausflug auf.

Später fand man das Paar im Nørreskov, das heißt Nordwald. Sixten Sparre hatte Elvira und sich selber mit seiner Dienstwaffe erschossen.

Nun ruhen sie in zwei Gräbern nebeneinander. 

Die Sache wurde bisher dreimal verfilmt, es gibt Lieder und Balladen über die unglückliche Liebesgeschichte. Und alle Bräute, die auf der Insel Tåsinge heiraten, legen ihren Brautstrauß auf das Grab der schönen Elvira Madigan.


Glücksfaktor: Erlaubte Liebe …


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