Am 26. April 1564 wurde Shakespeare auf den Namen William getauft …


Obwohl gesagt werden muss, im Kirchenregister der Holy Trinity Church in Stratford-upon-Avon, Warwickshire, ist der Name Guliemus Shakspere eingetragen. Aber damals nahm man es eben mit der Rechtschreibung, gelinde gesagt, nicht so genau. Wenn jemand seinen Namen diktierte, hat er den nicht groß buchstabiert.

Dass William getauft wurde, steht also fest. Ob es ihn allerdings wirklich gab, darüber streiten die Gelehrten seit dem 18. Jahrhundert. Andererseits haben sie schon mal mehr gestritten – noch vor zehn, zwanzig Jahren galten alle möglichen Theorien für wahrscheinlicher, wie etwa, es handle sich beim Verfasser der Werke nicht um eine, sondern um mehrere Personen. Sein Zeitgenosse und Kollege Christopher Marlowe wurde verdächtigt, genauso wie der Philosoph Francis Bacon. Vom 17. Earl of Oxford, Edward de Vere, nahm man die Urheberschaft der wunderbaren Tragödien, Komödien und Sonette eine Weile zuverlässig an: Roland Emmerich hat einen Film drüber gemacht.

Inzwischen ist gerade ein wenig Ruhe eingekehrt und die Fachwelt hält größtenteils wieder Shakespeare für Shakespeare …

Mein Vater war ein Verehrer englischer Geschichte und Kulturgeschichte und hat ihn mir – neben Dickens und Oscar Wilde – ans Herz gelegt, sobald ich halbwegs zuhören konnte. Er schilderte mir gerne auf langen Spaziergängen den Inhalt der Dramen. Später gab er mir entsprechende Bücher. Wobei ich glaube, es ist eher unüblich, einem sechsjährigen Kind den Text von Hamlet oder Othello zu schenken. Ich fand es großartig, begeisterte mich vor allem für Macbeth und konnte mich schließlich derart mit seiner Lady identifizieren, dass ich ihren Monolog auswendig lernte. Bei Gelegenheit – wenn ich meinte, es passe dorthin – trug ich etwas davon in Gesellschaft vor.

Um ehrlich zu sein, es passte nie; die Zuhörer, betretene Erwachsene und verdutzte Kinder, konnten überhaupt nichts mit einer Achtjährigen anfangen, die ausrief: „Kommt, ihr Geister, die ihr dem Mordgedanken dient, entweibet mich, füllt mich vom Scheitel bis zur Sohle mit wilder Grausamkeit! Sperrt jeden Weg und Eingang dem Erbarmen!“

Ich glaube, die allgemeine Ansicht ging dahin, dass ich nichts dafür könnte und zu bedauern sei mit einem derart verrückten Vater und seinen verdrehten Erziehungsmethoden.

Später lernte ich die Sonette kennen, die schon in der Übersetzung schmerzlich schön sind (und noch mehr, wenn man die Melodie der altenglischen Sprache liest oder hört).

Nicht meine Furcht, nicht die der ganzen Welt,
die uns in Träumen Düstres prophezeit,
vermag, dass meine wahre Lieb verfällt,
schien sie auch schon dem Untergang geweiht.

Die Finsternis des Monds ist überstanden,
der Untergang war eine Fehlanzeige,
was zaghaft schien, ist siegreich auferstanden,
und ewger Friede bringt Olivenzweige.

Die neue Zeit tropft Balsam in die Herzen,
macht meine Liebe frisch, besiegt den Tod.
Ich lebe, ihm zum Trotz, in diesen Versen,
da er nur die, die sprachlos sind, bedroht.

Shakespeare war alles andere als sprachlos und ist dadurch in der Tat unsterblich. Er hat mehr als 150 Sonette geschrieben – und 35 Dramen. Er stammte aus dem Mittelstand und schaffte es, sowohl überaus wohlhabend als auch ein Gentleman zu werden. Das verdankte er ebenso seinem Genie wie auch seiner praktischen Tüchtigkeit.

Als er achtzehn war, sah er sich offenbar gezwungen, eine Anne zu heiraten. Das geht daraus hervor, dass seine älteste Tochter Susanna ein Sechs-Monats-Kind wurde. Die neue Mrs. Shakespeare war acht Jahre älter als William und ich fürchte, es war keine Liebesheirat, denn in seinem Testament vermachte er Anne nur ‚das zweitbeste Bett‘ und sonst nichts.

Er starb 52jährig, reich und angesehen, in seiner Heimatstadt Stratford am 23. April (einige Experten vermuten, der 23. April sei auch sein Geburtstag gewesen.) Woran er starb, ist nicht bekannt. Es liegt allerdings nahe, dass er an Typhus erkrankt war, denn 1616 gab es in England eine Epidemie.

Er hat der Welt unsterbliche, sprichwörtliche Figuren geschenkt, lebendiger als reale Personen: Romeo und Julia, das widerspenstige Käthchen, den grüblerischen, zaudernden Hamlet, den eifersüchtigen Othello – und tonnenweise Poesie.

Ganz großer Glücksfaktor: Shakespeare!

 


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