Am 4. März 1781 war der Geburtstag der Rebecca Gratz


Eine amerikanische Jüdin und außergewöhnliche Schönheit. Es gibt eine Reihe bezaubernder Portraits von ihr. Dieses hier trägt die Jahreszahl 1831, was bedeuten würde, Rebecca war, als sie gemalt wurde, bereits 50 Jahre alt. Was bedeutet, der Künstler, Thomas Sully, war entweder ein hemmungsloser Schmeichler, oder Rebecca hatte sich erstaunlich gut gehalten.

Sie war eine Pädagogin und Philanthropin. Letzteres bedeutet, sie tat Gutes. Sie entstammte einer wohlhabenden Familie und begann, bevor sie 20 war, sich um Menschen zu kümmern, die es nötig hatten. Bevorzugt Frauen und Kinder.

1801 war Rebecca Gratz beteiligt an der Gründung der Female Association for the Relief of Women and Children in Reduced Circumstances (einer Frauenvereinigung zur Unterstützung von Frauen und Kindern in Not, vor allem Witwen und Waisen des Amerikanischen Revolutionskriegs).

1815 half sie, eine weitere Einrichtung für Waisenkinder in Philadelphia zu gründen, das Philadelphia Orphan Asylum. Hier wurde sie zur Sekretärin des Vorstands gewählt und übte das Amt vierzig Jahre lang aus. Unter ihrer Schirmherrschaft entstand 1838 eine hebräische Sonntagsschule, übrigens die erste in Amerika. Rebecca fungierte hier als Leiterin und Präsidentin und sie half auch bei der Entwicklung des Lehrplans.

Darüber hinaus richtete sie 1819 die Female Hebrew Benevolent Society ein, die jüdische Frauen in Philadelphia unterstützte, welche ihren Ehemann verloren hatten (weil er gestorben oder Zigaretten holen gegangen war). Auch hier wirkte Rebacca Gratz vierzig Jahre lang als Sekretärin.

Es scheint begreiflich, dass diese Frau trotz ihres anmutigen Äußeren und obwohl sie zweifellos eine beachtliche Mitgift mitbrachte, selbst nie geheiratet hat. Wann hätte sie bei all diesen wohltuenden Tätigkeiten noch Zeit gefunden, einem eigenen Mann Gutes zu tun?

Sie wurde beinah 88 Jahre alt – und obwohl ihr Leben gewiss lobenwert gewesen ist, würde ich nicht über sie schreiben, wenn es über sie nicht noch etwas ganz anderes zu sagen gäbe.

Sie inspirierte nämlich den englischen Schriftsteller Sir Walter Scott, (ungefähr zehn Jahre älter als sie selbst), zur Figur der schönen Jüdin Rebecca aus seinem Ritterroman ‚Ivanhoe‘. Er hat sie so geschildert:

Rebecca hätte in der That mit den stolzesten Schönheiten Englands verglichen werden können, auch wenn sie von einem noch strengeren Richter als dem Prinzen Johann wäre beurtheilt worden. Ihre Gestalt war sehr symmetrisch und zeigte sich sehr vortheilhaft in einer Art orientalischer Kleidung, die sie nach der Sitte der Frauen ihrer Nation trug. Ihr Turban von gelber Seide stand sehr gut zu ihrer dunklen Gesichtsfarbe. Der Glanz ihrer Augen, der schöne Bogen ihrer Brauen, ihre wohlgebildete Adlernase, ihre Zähne, so weiß wie Perlen, ihre üppigen schwarzen Locken, die spiralförmig auf ihren lieblichen Hals und Busen niederfielen – Alles dieses bildete ein so liebenswürdiges Ganzes, welches der größten Schönheit der sie umgebenden Mädchen nichts nachgab. Freilich waren von den goldenen mit Perlen besetzten Haken, die ihr Kleid vom Halse an bis zur Taille zusammenhielten, die drei obersten wegen der Hitze offen geblieben, wodurch die Aussicht auf ihren schönen Busen etwas erweitert wurde. Ein diamantenes Halsband von unschätzbarem Werthe wurde auf diese Weise auch sichtbar. Eine Straußfeder, mit einer mit Brillanten besetzten Agraffe an ihrem Turban befestigt, war noch eine Auszeichnung der schönen Jüdin, worüber die stolzen Damen, welche über ihr saßen, höhnten und spotteten, sie aber insgeheim deßhalb beneideten.

Sir Walter, damals einer der beliebtesten Romanciers Großbritanniens, ist der amerikanischen Philanthropin niemals selbst begegnet. Sie kam nie nach England – er fuhr nie nach Amerika. Das war damals ja auch ein bisschen komplizierter und langwieriger als in unserer Zeit.

Sein amerikanischer Kollege Washington Irving jedoch segelte nach Europa (um es anschließend derart sentimental und schwärmerisch zu beschreiben, dass die Amerikaner bis heute glauben, wir stapften hier fortgesetzt knietief durch Geschichte und altes Gemäuer). Scott und Irving freundeten sich an, und Washington erzählte offenbar oft und gern von der schönen Rebecca, denn er war mit ihrer Familie gut befreundet.

So kam es, dass ihr ungemein hilfreiches, aber denkbar nüchternes Leben doch noch den romantischen Touch bekam, gewissermaßen aus zweiter Hand.

Im Hollywoodfilm Ivanhoe, der schwarze Ritter aus dem Jahr 1952 wird die reizende Rebecca von der damals 20jährigen Elizabeth Taylor dargestellt. Ich denke mir, das hätte Sir Walter Scott gefallen.

Sir Walter Wer -? Ja, das Traurig ist, den dürfte bei uns niemand mehr kennen. Ivanhoe war einer der Lieblingsromane meines Vaters und er hat mir oft davon erzählt. Im englischen Original, meist als Penguin Book, bekommt man das Buch, und wer in der Lage ist, das etwas altmodische Englisch zu verstehen, hat sicher Freude daran. Bei uns gibt es das Werk, wenn überhaupt, überwiegend verhackstückt, das nennt sich ‚für die Jugend bearbeitet‘ und ist, für meine Begriffe, literarischer Sadismus …

Glücksfaktor: Respekt vor Autoren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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