Am 4. Mai 1891 starb Sherlock Holmes


zum Entsetzen seiner treuen Leser und zur Erleichterung seines Schöpfers, Arthur Conan Doyle.

Doyle hatte die Nase gestrichen voll von seinem überaus gescheiten Detektiv und wollte endlich wieder etwas anderes schreiben. Er hatte bereits vorher einige Versuche unternommen, den Kerl mit dem scharfgeschnittenen Profil loszuwerden. Der ließ sich jedoch schwer abschütteln.

Ursprünglich war der Autor Arzt gewesen, sogar eine Weile Schiffsarzt auf einem Walfänger, in der Arktis unterwegs und rund um Westafrika. Später eröffnete er eine Praxis in Südengland, dann in London, verfasste jedoch bereits in seiner Freizeit Romane und Geschichten.

1887 dachte er sich den genialen Sherlock Holmes aus und seinen Freund und WG-Genossen Dr. Watson, der meistens die spannenden Kriminalfälle aus eigener Beobachtung erzählt (und der nicht wenig Ähnlichkeit mit dem Autor hat.) 

Er siedelte die beiden Herren in London, in der Bakerstreet 221B, an. (Die Nummer gab es damals noch nicht, weil die Bakerstreet bis zum Jahr 1930 kürzer war.) Inzwischen sitzt hier das Sherlock-Holmes-Museum. 

1890 erschien im Strand Magazine, einer monatlichen britischen Zeitschrift – damals dem führenden Literaturmagazin Englands – die Holmes-Geschichte ‚Ein Skandal in Böhmen‘. (Im Strand Magazine schrieben unter anderem Rudyard Kipling, Agatha Christie, G.K. Chesterton, Graham Greene und Winston Churchill.) Arthur Conan Doyle hatte vorher schon zwei Romane über den Detektiv herausgebracht, die jedoch nicht sehr erfolgreich waren. Mit dem bömischen Skandal zündete der Funke. Die Leserschaft wurde süchtig und wollte mehr.

Doyle, der sich eigentlich danach sehnte, historische Romane zu verfassen, sah sich immer wieder auf Kriminalfälle der Gegenwart zurückgeworfen, die Holmes genial und kaltblütig löste. Der Kerl  begann, ihm auf die Nerven zu gehen.

Der Schriftsteller versuchte es mit unverschämten Forderungen. Er verlangte schließlich vom Strand Magazine für 12 Geschichten 1000 Pfund, damals eine Riesensumme, in der Hoffnung, dass die Zeitschrift ihm die Mitarbeit kündigen würde. Die Redaktion schluckte trocken, sagte sich, die Holmes-Erfolge seien es wert – und zahlte. So ging es also nicht. Holmes musste sterben.

Doyles Mutter, ein entschiedener Sherlock-Fan, tat, was sie konnte, um ihren Sohn von dieser Idee abzubringen

Wie der Autor später jedoch erklärte, sah er sich zu diesem Zeitpunkt vor der Wahl, Holmes zu töten – oder von ihm umgebracht zu werden. Er wollte seinen Detektiv gemeinsam mit dessen Erzfeind, dem grundbösen James Moriarty, in den Tod stürzen lassen. Der Roman hieß ‚Das letzte Problem‘, und Doyle war grimmig entschlossen, sich dieses Problems jetzt zu entledigen. Holmes und Professor Moriarty kloppten sich also am 4. Mai 1891 leichtsinnigerweise, von leidenschaftllicher gegenseitiger Abneigung erfüllt, an einer besonders gefährlichen Stelle der sowieso gefährlichen Reichenbachfälle in der Schweiz und stürzten gemeinsam in die brüllende Wasserkaskade. Aus. Schluss. Beide tot. 

Doyle konnte aufatmen und in Zukunft etwas anderes schreiben. Er notierte zufrieden in seinem Tagebuch: „KILLED HOLMES“.

Darauf verfasste er einige historische Romane (die sich nicht sonderlich verkauften), kämpfte im Burenkrieg, schrieb auch darüber und wurde zur Belohnung vom König geadelt.

Aber … Im Jahr 1900 erzählte ihm ein Bekannter eine tolle Geschichte, die Legende eines geisterhaften Hundes im Dartmoor. Sir Arthur reiste in die Gegend, fand die Atmosphäre herrlich gruselig und konnte nicht anders, als noch einen Sherlock-Holmes-Roman zu schreiben. Weil der Detektiv ja bekanntlich irgendwo unter den Schweizer Wasserfällen moderte, spielte die Hund-von-Baskerville-Geschichte ganz einfach ein wenig in der Vergangenheit, vor Holmes Tod.

Der Erfolg war grandios. Die Leser zeigten sich derart hingerissen davon, noch einmal etwas von ihrem geliebten Detektiv zu lesen, dass sich Der Hund der Baskervilles wie verrückt verkaufte. Die Auflagen konnten kaum so schnell gedruckt werden, wie sie wieder vergriffen waren.

Wer einen solchen Erfolg verschenken wollte, der musste behämmert sein. Sir Arthur seufzte tief – und ließ Sherlock auferstehen. Der Leser erfuhr, dass der Detektiv damals dem bösen Moriarty (der seinerseits natürlich wirklich zu Tode stürzte) dank eines japanischen Kampf-Griffs entkommen konnte. Da er jedoch für tot erklärt worden war, verpieselte er sich zunächst für einige Jahre und lebte unter falscher Identität im Ausland, finanziert  von seinem erstaunlichen Bruder Mycroft, dem einzigen, der von seinem Überleben wusste. In dieser Zeit widmete er sich wissenschaftlichen Studien und der Aufgabe, einem weiteren Bösewicht, Moriartys Kumpel Colonel Moran, auf die Spur zu kommen und seine kriminellen Pläne zu verhindern.

Sie Arthur Conan Doyle und sein Detektiv waren wieder im Geschäft. Es konnte weitergehen.

1927 brachte das Strand Magazin die allerletzte Holmes-Geschichte. Doyle starb zwei Jahre später, 71jährig, an einem Herzinfarkt.

Glücksfaktor: Eine erfundene Figur, die lebendiger ist als viele reale Menschen…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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