Am 4. Oktober 1745 wurde Franz-Stephan I. zum Kaiser gekrönt


Was eigentlich nicht besonders wichtig war. Er hatte nicht viel zu sagen. Seine Frau war die Kaiserin: Maria-Theresia von Österreich, eine der imponierenden weiblichen Herrscher-Figuren wie Elisabeth I., Katharina die Große oder Königin Victoria. Und wie Victoria hatte Maria-Theresia das Glück, keine politische, sondern eine Liebesheirat schließen zu dürfen.

Für sie jedenfalls war die Krönung ihres Gatten eine wunderbare Sache, sie hüpfte in die Höhe und rief begeistert: „Vivat, Kaiser Franz!“

Eigentlich hatte sie sich schon als kleines Mädchen in den neun Jahre älteren Vetter verknallt. Als sie neunzehn war, heirateten beide. Und dann sollten natürlich sofort möglichst viele kleine Thronfolger entstehen, eine der üblichen Sorgen gekrönter Häupter. Zwei Wochen nach der Hochzeit wurde Maria-Theresia bereits mahnend gefragt, ob ihr denn gar nicht übel sei? Weitere zwei Wochen später beschäftigte ihre mangelnde Übelkeit alle möglichen Leute, die es anging und die es nicht anging.

Maria-Theresias Leibarzt hatte dann eine zündende Idee. Bei einigen Ärzten herrschte die Auffassung, dass für eine Empfängnis Kontraktionen der Gebärmutter notwendig seien, also ein weiblicher Orgasmus. (Aus anderen Gründen hielt ihn offenbar niemand für nötig.) Der Arzt empfahl also, Franzl möge sich doch vor der Vereinigung zunächst ein Weilchen mit den empfindlichen Teilen seiner Gattin beschäftigen, um sie in Laune zu bringen. Vorspiel zum Besten der Dynastie. Vorsichtshalber drückte der Doktor sich in diesem Fall lateinisch aus, sicher um deutlich zu machen, dass es sich um eine ernsthafte wissenschaftliche Sache und keineswegs um Ferkeleien handele.

Ergebnis: etwa ein Jahr nach der Hochzeit kam das erste von 16 Kindern. Was das anging, machte der Kaiserin-Gemahl also wohl einen guten Job. Ansonsten ging er leider ausdauernd fremd; es heißt, wegen seiner attraktiven männlichen Ausstrahlung. Ich finde zwar, er sieht auf sämtlichen Portraits einfach aus wie ein Quellmaul, aber womöglich war er ja umwerfend charmant.

Die Untreue ihres Franz‘ bekümmerte die tüchtige, resolute, praktische und gescheite Kaiserin natürlich. Wieso die Ehe trotzdem glücklich blieb, ist mir ein Rätsel; mir fehlt da ein Stück elastisches Gemüt.

Wahrscheinlich, um sich etwas abzureagieren, begründete Maria-Theresia ihre Keuschheits-Kommission. Nun putzte die Obrigkeit, im sinnenfrohen Rokoko, im charmanten Wien, Amors Jagdrevier mit der Stahlbürste. Prostitution, Homosexualität, außerehelicher Geschlechtsverkehr und jede Art von anstößigem Verhalten wurden geahndet und hart bestraft, teilweise mit ‚Teerung des Kopfes‘ oder ‚Abschneiden der Ohren‘.

Sehr zur Seite stand der Kaiserin in diesem Gefecht gegen die Sünde ein tapferer Geistlicher, der Jesuit Ignaz Parhamer. Er peitschte in selbstloser Ausübung seiner Aufgaben viele nackte Prostituierte eigenhändig aus.

Giacomo Casanova, der sprichwörtliche, besuchte in dieser Zeit Wien, amüsierte sich darüber, dass unbekleidete Brunnenfiguren entfernt worden waren, fühlte sich im Übrigen genervt von den Vorschriften und Verboten, die gerade ihm besonders gegen den Strich gehen mussten, und wurde schließlich verhaftet, weil er – in der Dämmerung, versteckt hinter einem Baum und trotzdem aufgespürt – im Prater gepullert hatte. Daraufhin scheuchte man ihn, wegen der Ordnungswidrigkeit, aus der Stadt.

Dieser Jünger Amors seufzte: „Schändliche Spione, Keuschheitskommissare genannt, sind hier die unerbittlichen Quälgeister hübscher Mädchen; die Kaiserin hat alle Tugenden, nicht aber die der Duldsamkeit, wenn es sich um unerlaubte Liebe zwischen Mann und Frau handelt.“

Glücksfaktor: Die Liebe (oder, je nach Betrachtung, die Sünde) findet immer einen Weg …

 


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