Was mich angeht, ich mach mir nichts aus Bergen.
Hohe, kahle oder schneebedeckte Gipfel schon gar nicht, grüne Hügel müssen sich Mühe geben, um mir zu gefallen. Das ist ja persönliche Geschmackssache, oder? Allerdings hab ich Lieblingsländer, deshalb gestatte ich England und Italien Hügel und sogar Berge und kann sie dort ganz gut leiden.
Wüsten begeistern mich nicht besonders. Oh doch, es gibt Menschen, die sich von Wüsten sehr angezogen fühlen!
Wälder sind mir oft zu dunkel – außerdem bevorzuge ich Weitblick, und den gibt es im Wald vor lauter Bäumen nun mal nicht.
Ich bin ungefähr gleichermaßen in einer Großstadt und auf dem Lande aufgewachsen. Nun besitzt Hamburg zwar meine Sympathie, aber wenn ich wählen darf, bin ich doch lieber weiter weg vom Krach und Radau und Gewusel der Stadt.
Was bleibt? Norddeutsche Flachlandschaft mit dem Blick von Samstag auf Montag.
Heide und Moor.
Und das Meer.
Am großen Wasser bin ich geboren – na gut, an der Ostsee, aber immerhin. Ich kam mit der Flut, wie sich das gehört. Gestorben wird ordnungsgemäß bei Ebbe.
Nichts beruhigt mich annährend, entspannt mich so, nimmt mich derart tröstend in den Arm wie der Salzgeruch und die gleichmäßigen Wellen, das Möwengeschrei. Mindestens alle sechs Monate einmal brauche ich das, sonst wird mir kümmerlich zumute. Ich bin weder ein exzellenter Schwimmer noch Fan der christlichen oder unchristlichen Seefahrt (leider neige ich dazu, seekrank zu werden.)
Ich möchte auch nicht angeln. Es genügt mir, am Rand der Brandung entlangzuwandern – oder im Sand zu sitzen und die Glitzerreflexe zu betrachten. Ich mag das Meer bei Regen, bei Flaute, im Nebel und bei wildem Sturm, zu jeder Jahreszeit – okay, vielleicht am allerliebsten im Herbst.
Ich bilde mir nicht ein, damit eine originelle Vorliebe zu pflegen, im Gegenteil. Die meisten Menschen lieben das Meer.
Umso sonderbarer ist, dass wir damit umgehen, als ob wir es nicht ausstehen könnten.
Heute ist der internationale Tag der Ozeane. Dabei geht es nicht nur darum, das Meer zu feiern, sondern ganz besonders, sich darum zu sorgen.
Den Welttag der Ozeane wurde 1992 geplant. Damals, vor dreißig Jahren, fand in Rio de Janeiro ein Erdgipfel statt. Die Teilnehmer waren sich einig darüber, wie immens wichtig die Meere für unser aller Überleben sind. Klima, Biosphäre, Ernährung, alles hängt davon ab.
Bereits siebzehn Jahre später – man soll ja auch nichts überstürzen – begingen die Vereinten Nationen dann zum ersten Mal diesen Tag.
Man kann eigentlich nicht sagen, dass er so entsetzlich viel gebracht hat.
Ob es um Überfischung geht, Verlust von Küstenlebensraum oder einfach um Umweltverschmutzung durch Müll, Rohöl und Plastik, auch Mikroplastik – viele Menschen empfinden das als schmerzhaft. Unternommen wird jedoch leider reichlich wenig.
Die Reaktoren in Fukushima beispielsweise müssen immer noch gekühlt werden. Inzwischen hat sich mehr als eine Million Tonnen verstrahltes Kühlwasser angesammelt und Japan befürchtet allmählich, für so viel Radioaktivität ein etwas zu kleines Land zu sein. Deshalb haben sie schöne Tunnel gebaut, durch die dieses Wasser in den Pazifik geleitet werden soll. Man könnte fast einen Schreck bekommen, doch japanische Experten versichern glücklicherweise, da wäre überhaupt keine Gefahr dabei, weil der Ozean so groß ist. Dort verteilt sich das Gift, und Zack! kann man es nicht mehr nachweisen. Das ist insofern günstig, als Fukushima ja weiter gekühlt werden muss, Tonne um Tonne verstrahltes Wasser. Immer rein ins Meer und weg ist es. In Japan sind die Leute auch nicht so zimperlich und hasenfußig wie wir Deutschen – sie bauen bereits eifrig weitere Atomkraftwerke.
Manchmal könnte man den Eindruck gewinnen, die Ozeane wären Kloaken oder Müllgruben, in die man jedes Gift und jeden Abfall hineinwerfen, ableiten oder versenken kann: Die sind so groß, das merkt ja keiner.
Glücksfaktor: Ich hätte fast gesagt, Verantwortungsbewusstsein. Das hat aber nichts mit dem Meer zu tun. Wir zeigen Verntwortungsbewusstsein, wenn es ganz direkt um uns Menschen und Mitmenschen geht. Wir sind solidarisch, wenn wir anderen zuliebe einen Mundschutz tragen, uns Impfen lassen, Kriegsopfern helfen, schwere Waffen liefern, damit endlich Frieden eintritt – oder wenn wir spenden.
Sobald dieser direkte Bezug fehlt, versagt das Pflichtgefühl bedauerlicherweise. Es würde ganz zweifellos nicht nur den Menschen und Mitmenschen, sondern allen anderen Geschöpfen und der Erde als solcher dienen, wenn wir mit den Ozeanen rücksichtsvoller umgingen. Doch was soll der Einzelne da groß unternehmen? Es liegt nicht in unserer direkten Einflußnahme.
Glücksfaktor also, etwas zweifelhafter: Da kann man gar nichts machen!