Am dritten Juli feiern wir den Geburtstag des Sonntags


Zumindest hat Konstantin der Große das im Jahr 321 gesetzlich so festgezurrt. Konstantin war ein römischer Kaiser – seinesgleichen hatte bis vor Kurzem noch Jagd auf Christen gemacht. Nun war er selber einer, seit er meinte, dass Jesus ihm geholfen hätte, eine entscheidende Schlacht zu gewinnen. Und um den Tag des Herrn zu heiligen, erließ der Kaiser ein Gesetz, das den Sonntag frei hielt von Arbeit und Gerichtsbarkeit. Das wurde teilweise harsch verteidigt. Ein christliches Konzil verhängte im Jahr 589 als Strafe für Sonntagsarbeit immerhin 100 Geißelhiebe.

Damit kam man übrigens recht entschieden vom Neuen auf das Alte Testament zurück, und dort handelte es sich eigentlich um die strengen Vorschriften zum jüdischen Sabbat. Ganz am Anfang der Bibel, in der Genesis, wird beschrieben wie Gott selbst, befriedigt von seiner Schöpfung, am siebten Tage ruhte. Das Heiligen des Feiertags scheint von enormer Relevanz zu sein, es steht in den zehn Geboten ganz vorn an dritter Stelle, vor ‚Du sollst nicht töten‘ oder ‚Du sollst nicht stehlen‘.

Jesus allerdings stand dem Halten dieses Gebotes um jeden Preis skeptisch gegenüber. Zwar besuchte er am Sabbat in die Synagoge, jedoch nicht nur zum Beten, sondern auch, um Kranke zu heilen. Das erboste die strenggläubigen Schriftgelehrten, die ihn fragten, weshalb er gegen das dritte Gebot verstieße. Er antwortete: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“

Nichtsdestotrotz wird nicht nur in nahezu allen vom Christentum geprägten Ländern am Sonntag Gottesdienst gefeiert, sondern es herrscht oft auch gesetzliche Feiertagsruhe.

Manchmal mit Kompromissen. Der Hamburger Fischmarkt in Altona beispielsweise, der seit 1703 an Sonn- und Feiertagen stattfindet, beginnt grundsätzlich vor dem Gottesdienst: im Winter um 7 Uhr und im Sommer schon um 5. (Das war oft eine Attraktion für Touristen, die sich auf der Reeperbahn die Nacht um die Ohren geschlagen hatten.) Er schließt zuverlässig um halb zehn. Damit alle Beteiligten noch in die Kirche gehen können.

In den Vereinigten Staaten ist das zumeist anders. Denn wenn Amerika auch ein betont christliches Land ist, so ist es doch noch betonter ein wirtschaftlich orientiertes. Da sind die Läden nicht nur rund um die Uhr geöffnet, sondern auch rund um die Woche.

Wenige von denen, die sich in mehr oder weniger christlichen Gebieten dafür einsetzen, dass sonntags nicht gearbeitet wird, haben in erster Linie den Kirchenbesuch im Sinn. Ihnen ist es vielmehr wichtig, dass die Verkäuferin einen Tag zum Luftschnappen übrig behält, dass Familien (wenn gerade mal keine Seuche unterwegs ist) ans Meer fahren oder in den Freizeitpark oder dass Samstagsabends so lange gegrillt werden kann, dass man sonntags erst mittags aufstehen muss. Ja, denn inzwischen handelt es sich ja nicht mehr nur um den einen Ruhetag – wir besitzen deren zwo, genannt Wochenende. An beiden wird normalerweise ganz schön viel unternommen, genannt Freizeit. Das meiste davon dient eher der Zerstreuung als der Sammlung.

1924 fanden die Olympischen Spiele in Paris statt. Ein zweiundzwanzigjähriger Philosophiestudent und Laienprediger, der Schotte Eric Liddel, nahm als Läufer daran teil. Seine Spezialität war der 100-Meter-Lauf, und dafür war er auch bereits angemeldet. Doch dann fand er heraus, dass sein Rennen an einem Sonntag stattfinden sollte! Daraufhin zog er die Anmeldung zurück.

Es nützte nichts, dass das Olympische Komitee ihm Vorhaltungen machte. Es nützte nichts, dass sein zukünftiger König, der englische Kronprinz, ein ernstes Wort mit ihm sprach. Er war doch Patriot? Er wollte doch für England laufen und gewinnen?

Das wollte Eric im Prinzip gern. Aber nicht an einem Sonntag. Schließlich tauschte ein Freund, der eigentlich Spezialist für den 400-Meter-Lauf war, seine Anmeldung für dieses Rennen mit Eric Liddel. Er selbst lief am Sonntag die 100 Meter. Und Liddel trat für die 400 Meter an, die er nicht trainiert hatte. Kurz vor dem Rennen reichte ihm ein Konkurrent, ein amerikanischer Läufer, einen Zettel, auf den er geschrieben hatte: In der Bibel steht, wer MICH ehrt, den will ICH auch ehren.

Eric Liddel wurde – wohlgemerkt an einem Wochentag – nicht nur Sieger; er stellte auch einen neuen Weltrekord auf. 1981 machte man aus diesem Thema einen wunderschönen Film: ‚Die Stunde des Siegers‘ mit der Musik von Vangelis.

Glücksfaktor, von Fall zu Fall: Prinzipien …


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