Ausflug nach Eiderstedt


Es fing damit an, dass ich eine Einladungskarte von Ute Martens bekam: Ihre Vernissage fand im Alten Rathaus in Garding statt! Garding liegt, von Hamburg aus, hinter Tönning und auf dem Weg nach St.Peter Ording

Zufällig hatte der Löwe an diesem Sonntag keinen Dienst in Hamburg – und er interessiert sich noch mehr für Bilder als ich. Also beschlossen wir, hinzufahren.

Wir brauchten ziemlich genau anderthalb Stunden, übrigens eine wunderschöne Strecke für Leute, die Flachland lieben. Der Löwe erzählte, dass man in seiner Heimat glaubt, man müsse sich im Norden nur flach auf den Rücken legen, dann wäre die Nase der höchste Punkt im Umkreis von fünfzig Kilometern … Ich wusste nicht, dass die das denken. Könnte aber stimmen.

Wir kamen also pünktlich an und bekamen Sekt. Einige Leute hielten Reden – der Mann von Ute erklärte sehr schön, wie es ist, als Nicht-Künstler mit einer Malerin verheiratet  zu sein, der alle Motive vom Kopf über das Herz in die Hände gehen.

Ich mache mir eine Menge aus Utes Bildern, die mir beim Betrachten ganz rührselige Gefühle verursachen. (Früher hieß Schleswig-Holstein auf den Autobahnschildern ‚Land der Horizonte‘, bis Irgendwer sich die dümmliche Bezeichnung ‚Der echte Norden‘ einfallen ließ, die vermutlich jeden Dänen zum Kichern bringt.)

Nachdem wir uns mit diesen Anblicken gefüllt hatten, besuchten wir Uta und Kay.

Es wäre albern gewesen, das nicht zu tun, wenn man schon mal in Garding ist. Zuletzt waren wir – wir haben’s inzwischen in einem Kalender gefunden – am 22. Juli 2018 bei ihnen, also zwischen unseren jeweiligen Hochzeiten (Und zufällig Utas Geburtstag, was wir nicht gewusst hatten.). Es ist anzunehmen, dass wir uns eher wieder begegnet wären ohne die Corona-Zeit, die so viele Kontakte blockiert hat.

Uta und ich kennen uns schon recht lange, ungefähr seit Anfang des Jahrhunderts. Damals freundete sich mein übersensibler, superschüchterner Berner Sennenhund Prosper mit ihrem etwa genauso großem Nestor an, sein erster und einziger Freund – und mehr. Na ja, wir hatten uns immer gewundert, dass Prosper sich (unkastriert) derart wenig für Hundemädchen interessierte, sogar, falls die gerade läufig waren. Doch kaum begegnete er Nestor, entbrannte er (was uns alle, auch Nestor, nicht wenig verblüffte) in Leidenschaft. Nestor knurrte ihn hin und wieder an und entzog sich – er war halt eine Hete. Freunde blieben sie trotzdem und liefen mit fliegenden Schlappohren nebeneinander über den Hundestrand von St. Peter. Oh doch, das ist  keine ausgedachte Geschichte, das haben wir genau so erlebt – fragt Uta.

Um wieder in die Gegenwart zurück zu kommen: Am Sonntag tranken wir in Utas Garten Kaffee, konnten endlich mal wieder richtig entspannt klönen und bewunderten ihren Camillo, den schönsten Hund Gardings.

Ich gebe zu, dies ist ein  ausgesprochen mäßiges Foto vom schönen Camillo. Man kann immerhin ein bisschen erkennen, dass er gesprenkelte Beine hat und goldene Augen in schwarzem Fell.

Der Löwe sammelt unter anderem Leuchttürme. Als wir vor vier Jahren hier waren, wollte  er unbedingt den von Westerhever sehen, in der Nähe von Garding. Ein Bild von dem hat Ute Martens übrigens auch in ihrer Ausstellung:

Nachdem wir ihn damals (im Original)  betrachtet hatten, begegnete uns ganz unvermutet ein wunderschönes Restaurant mit einer grandiosen Küche!

Inzwischen wussten wir nicht mehr genau, wo das gewesen war, außer, dass es neben einer alten, klobigen Kirche stand, und wir hätten es gern wiedergefunden.

Uta und Kay glaubten zu wissen, welches wir meinten und erklärten uns, wie wir dorthin kommen würden. Es war tatsächlich unser Wunsch-Restaurant! Und das Essen war ebenso gut wie beim letzten Mal. (Für Leute, die gern gut essen: Das ist der Kirchspielkrug in Westerhever, und natürlich hat er auch vegetarische oder vegane Gerichte!)

Auf dem Parkplatz begrüßte uns eine hübsche kleine Katze, als hätte sie den ganzen Tag auf uns gewartet. Als wir im Garten Platz nahmen, kam sie zu unserem Tisch, schnurrte und schmuste und tat sehr vertraut.

Nun ergab es sich zufällig, dass wir als Vorspeise einen Gartensalat aßen, über den eine Handvoll Krabben gestreut war.

Man sollte Tiere nicht am Tisch füttern, das ist völlig verkehrt. Nach der siebten Krabbe nahm die kleine Katze auf dem Stuhl zwischen uns Platz und fand es sinnvoll, beide Pfoten auf den Tisch zu legen, um besser zu erkennen, wieviele Krabben sich noch im Salat befanden. Aber da goß ihr der nette schwarzbärtige Kellner ganz ruhig ein Glas Wasser über den Rücken, worauf sie sich hastig  verabschiedete. Obwohl sie vollendet so getan hatte, gehörte sie gar nicht zum Restaurantpersonal.

Nein, St. Peter besuchten wir nicht mehr – es war ja schon Abend und wir hatten einen längeren Heimweg vor uns.

Es gibt Menschen, die lieben Sylt und es gibt Menschen, die lieben St. Peter Ording. Auf Sylt war ich vielleicht  dreimal im Leben und nie freiwillig, in St.Peter ungefähr fünfzig- bis sechzigmal, manchmal tagelang, manchmal nur für Stunden. Und wenn ich länger als ein halbes Jahr nicht dorthin kann, dann fängt es an, wehzutun. Dieser endlose Strand und das ausgedehnte Watt und die Häuser auf Beinen – das heilt mich. Es ist also anzunehmen, dass ich über kurz oder lang wieder dort sein werde. Insofern macht es nicht so viel aus, dass wir es diesmal nicht geschafft haben.

Wir hatten eine entspannte Heimfahrt durch den Sommerabend. Am Himmel stand schon, eigentlich recht früh für seine Verhältnisse, der Mond, allerdings ungewöhnlich blass, durchscheinend und dünn.

Der Löwe erklärte mir, dass die Windanlagen (die ihn immer ärgern) den Mond in hauchfeine Scheibchen geschnitten hätten.

Auf jeden Fall waren wir sehr zufrieden mit unserem Sonntagsausflug auf die Halbinsel Eiderstedt.

Glücksfaktor, ganz kitschig: Heimat.

 

 

 


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