Das Leben als solches ist ja nicht immer kuschelig. Vor allem der Februar – wie? Ja. Nun hat er schon die wenigsten Tage sämtlicher Monate – und ist immer noch zu lang.
Die Natur sieht depressiv aus. In vergangenen Jahrhunderten wurde jedenfalls um diese Zeit oft noch alles nett mit Schnee abgedeckt. Jetzt sieht man nur den Matsch. Überall die Farbe von Kartoffelschalen, einschließlich des Himmels. Dazu kommen derzeit täglich Orkane und Sturmfluten, abgewechselt von schweren Orkanen und schweren Sturmfluten. Überall klötert es und rattert es.
Früher hatte Tante Lydia, wenn es so stürmte, jedes Mal Angst, die hohe Tanne in ihrem Garten würde auf ihr Gartenhäuschen stürzen – oder sonstwohin. Am wenigsten jedenfalls bitte auf das Gartenhäuschen, an dem hängt sie sehr.
Deshalb hat sie Ende des Jahres einen Mann angeheuert, der die Tanne (zum Entsetzen von Ernst) gestutzt hat. Ernst ist ja manchmal sehr cool und dann wieder erstaunlich zimperlich. Nachdem er das mit der Tanne gesehen hatte, benötigte er ein großes Näpfchen Vanillepudding, um sich wieder zu beruhigen.
Immerhin brauchen wir uns bei Orkan jetzt alle keine Sorgen mehr um die Tanne und das Gartenhäuschen zu machen.
Aber sonst – trostlos.
Doch da gibt es einen hellen Lichtpunkt im Dunkel! Drei Personen im Haus genießen einmal in der Woche ihren jour fixe. Nein, stimmt nicht: ihren soir fixe. Zwar kein festgelegter Wochentagsabend – aber einer in der Woche.
Der Löwe-Papi und Ernst gehören nicht zu diesem kleinen exklusiven Club. Die amüsieren sich in dieser Zeit irgendwie auf andere Art. (Ich denke mir, sie gucken Krimis. Vielleicht wird auch vorgelesen.)
Ich packe jedenfalls ein paar Sachen zusammen – manchmal etwas, das zum gemeinsamen Kochen beiträgt. Je nach dem, wie früh wir uns treffen und ob wir schon gegessen haben. Meine Handarbeit muss mit! Derzeit nähe ich eine Patchwork-Decke.
Lydia macht Feuer in ihrem schönen Kaminofen und kocht besonderen Tee. Manchmal versuchen wir, auf die Linie zu achten. Aber manchmal naschen wir gnadenlos, beispielsweise verschiedene Chips und Ziegen-Camembert.
Der dritte in unserem kleinen Club ist Jimmy. Er genießt die Sache deutlich. Sobald ich mit dem großen Handarbeitsbeutel aufkreuze und er merkt, das ist nicht nur ein kurzer Besuch sondern ‚unser Abend‘, äußert er sich erfreut in seiner netten Sprache aus Mauz und Schnurr, so ungefähr: „Oh, ist es wieder so weit? Wie schön!“
Normalerweise reden wir zunächst ein wenig, wir tauschen Neuigkeiten aus oder fügen hinzu, was uns inzwischen zum Gespräch letzter Woche noch eingefallen ist. Vielleicht, wie gesagt, kochen und essen wir auch gemeinsam. Jimmy bekommt sein Dinner serviert, bestehend aus duftendem Büchsenfutter, einem Stückchen roher Leber, kleinen Katzenkeksen und einem Schlückchen Milch.
Wenn wir all das abgehakt haben, schauen wir uns eine Serie an. Mit der Forsythe Saga sind wir durch. Augenblicklich befinden wir uns mitten in Downton Abbey, der dritten Staffel. Matthew hat’s bereits weggerafft, aber Lady Mary flirtet schon wieder mit potenziellen Nachfolgern; Lady Edith ist schwanger, weiß es jedoch noch nicht und das Ehepaar Bates verheddert sich gerade in einen neuen Mordfall.
Ein nicht geringer Teil unseres ungebremsten Vergnügens ist die Stopp-Taste. Weil ich ein technischer Idiot bin und weil es ihr Fernseher ist und weil ich die Hände voll Handarbeit habe, besitzt Lydia die Oberhoheit über die Fernbedienung. Das macht aber gar nichts. Ob sie ihrerseits stoppt oder ich rufe: „Oh, stopp mal bitte!“ – wir unterbrechen an einem durchschnittlichen Abend an die hundert Mal. Dadurch verlängert sich der Fortgang natürlich ein wenig, aber Jimmy stört es nicht und wir finden es herrlich.
Wir stoppen, weil wir noch etwas Tee haben möchten oder weil wir etwas nicht verstanden haben – „Was hat der da eben gemurmelt?“ – „Weiß ich auch nicht!“ – oder weil wir uns ein Kleid noch mal genau angucken wollen oder weil ich was zu den geschichtlichen Hintergründen loswerden will. Viel häufiger jedoch, weil wir uns dringend austauschen müssen.
„Also kannst du das verstehen? Warum reagiert sie jetzt so doof?!“ Dann fällt uns vielleicht jemand ein, der sich auch immer so angestellt hat. Oder wir überlegen, für welches Sternzeichen dieses Verhalten typisch sein mag: „Das ist ein Krebs, jede Wette!“
Es kann genau so gut passieren, dass einer von uns etwas völlig anderes in den Sinn kommt, das noch erzählt werden muss. Möglicherweise würde ein weiteres Mitglied in unserem kleinen Club nach der x-ten Unterbrechung den Kopf gegen den Sofatisch schlagen. Deshalb passt es gut, dass wir nur zu dritt sind.
Glücksfaktor: Gemütlichkeit am Abend!