Wo liegen die eigentlich? Abgesehen davon, dass der Ausdruck bedeutet: ‚Dies ist völlig unverständlich für mich, davon hab ich keine Ahnung‘.
Böhmische Dörfer liegen überhaupt nicht mehr. Sie lagen, als die Redewendung entstand, im Gebiet des heutigen Tschechien. Damals setzte Böhmen sich aus Mähren und einem Teil Schlesiens zusammen. Die Gegend hieß auch mal ein kleines Weilchen, etwa Tausend Jahre lang, (1939 bis 1945) Reichsgau Sudetenland.
Aber das ist Erdkunde. Was ich wissen möchte, ist: Wieso werden mir manchmal im Internet wilde bunte Kleider mit Fransen unter der Bezeichnung ‚Böhmische Kleider‘ angeboten? Da würde ich doch eher eine biedere deutsche Tracht mit Schürze erwarten? Doch auf Englisch steht über dem farbiggewaltigen Fransenfrack: Casual Bohemian Style.
Daran haben die Franzosen Schuld. Bereits seit dem 15. Jahrhundert nannten sie die häufig aus der Tschechei, also Böhmen, zu ihnen kommenden Roma ‚Bohemiens‘. Zunächst ein Name für Zigeuner, später für alle unordentlichen, schmuddeligen, unbürgerlichen Leute, vor allem Künstler. Und in England übernahmen sie die Bezeichnung Bohemian für solches Pack.
Wikipedia erklärt: Bohème, Subkultur von intellektuellen Randgruppen. Demnach wild, aber nicht ganz dusselig. Gewissermaßen die Hippies der damaligen Zeit. Giacomo Puccini hat das Thema zu einer wunderschönen, erztraurigen Oper verarbeitet, in der man betrachten (und sich anhören kann) dass es romantisch, aber furchtbar unkomfortabel und der Gesundheit wenig zuträglich ist, zur Bohème zu gehören. Zumindest, solange Künstler nicht in einem Sozialstaat leben.
Und nachdem ich das alles gelernt habe, begreife ich, was die Anbieter der bunten, fransigenMode mir sagen wollen: Das ‚lässige Bömische Kleid‘, Casual Bohemian – ist (ein bisschen nachlässig aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt) ein Solches im Zigeunerstil! Stimmt, so sieht es auch aus.

Glücksfaktor: Das nahezu unerschöpfliche Wissen des Internets …