Das Duell der Mignons


Am 27. April 1578 prügelten in Paris sechs Männer mit ihren Degen aufeinander ein. Das Ganze nannte sich, einigermaßen zu Unrecht, Duell – denn ein Duell sollte schließlich erklärtermaßen zwischen zwei – DUE – Leuten bereinigt werden. Es war ganz und gar nicht vorgesehen, dass die 

Sekundanten mitkämpften. Vielmehr bestand ihre Aufgabe drin, jeweils einen der beiden Kontrahenten (moralisch und eventuell durch erste medizinische Versorgung nach dem Duell) zu unterstützen – sowie darauf zu achten, dass alle Regeln eingehalten wurden.

Das war definitiv nicht, was die Sekundanten in diesem Fall taten.

Das kleine Massaker ging als ‚Duell der Mignons‘ in die Geschichte ein. Mingnon heißt Liebchen, und drei der jungen Männer gehörten zu den Höflingen, die spöttisch so genannt wurden. Der König nämlich, Henri III.,

hatte eine große Vorliebe für hübsche junge Landadelige. Männliche.

Ein besonders Hübscher, ihm eng ans Herz gewachsener, war der blauäugige Jacques de Lévis, vierundzwanzig Jahre alt. Jacques war heiter, witzig und schlagfertig. Allerdings konnte er sein loses

Mundwerk schlecht im Zaum halten. So kam es, dass er am Vormittag des 26.4.1578 unbedingt eine flapsige Bemerkung loswerden musste. Im Louvre (damals noch kein Museum, sondern einfach Palast), bemerkte er, dass der junge Baron Charles de Balsac eben die Gemächer einer Dame verließ. De Lévis hielt es für notwendig, anzumerken, die Betreffende zeichne sich ja eher durch  Schönheit als durch sittsamen Lebenswandel aus.

Nun war vielleicht der Lebenswandel sämtlicher handelnden Personen auch nicht gerade übertrieben sittsam – doch de Balsac reagierte wünschenswert beleidigt und gab seinem Verlangen Ausdruck, 

den respektlosen Kerl in Scheibchen zu schneiden, am liebsten im Morgengrauen des folgenden Tages (eines Sonntags) auf einem freien Feld in der Nähe der Bastille.

Eventuell können wir jedoch davon ausgehen, dass es sich nicht allein um die Beleidigung der schönen Dame handelte. Vielmehr gehörten die jungen Männer unterschiedlichen Gruppierungen mit unterschiedlichen Meinungen an. (Der geneigte Leser mag sich vorstellen, dass hier eine Art Putinversteher auf einen Impf-Fanatiker traf.)

Beide brachten am Sonntagmorgen um fünf zwei Freunde mit, die ihre jeweilige politische Ansicht exakt teilten – und die sich deshalb bereits, bevor der Kampf losging, mit blutunterlaufenen Augen anschnauften.

Jedenfalls waren alle wütend genug, um nicht einfach herumzutändeln, sondern herzhaft zuzuschlagen. Kaum hatten die beiden Duellanten damit anzufangen, stürzten ihre Sekundanten ebenfalls mit gezogenem Degen aufeinander los. 

Ergebnis: Zwei Sekundanten, nämlich einer von de Balsac, der andere von de Lévis, praktisch sofort  tot. Die zwei weiteren jeweils lebensgefährlich verwundet – der eine starb am folgenden Tag, der andere verbrachte mit tiefen Kopfverletzungen sechs Wochen im Krankenhaus und konnte schließlich genesen, blieb allerdings für den Rest seines Lebens entstellt. 

Der blauäugige Jacques de Lévis war durch 19 Hiebe mit der Waffe von de Balsac zerhackt worden und quälte sich 33 Tage lang, bis er endlich, in den Armen seines Königs, starb. Bis zum Schluss bejammerte er, der Gegner habe nicht fair gekämpft, sondern statt des Degens auch noch einen Dolch benutzt.

Ob das nun stimmte oder nicht – de Balsac wurde jedenfalls nicht vor Gericht gestellt und schließlich vom König offiziell begnadigt. Er hatte übrigens bei diesem mörderischen Kampf einen kleinen Ritzer (eine Estafilade) am Unterarm erlitten. Er dürfte ein hervorragender Fechter gewesen sein.

Glücksfaktor: zu wissen, wie gefährlich die Gegner sind, bevor man frech wird …

 

 

 

 

 

 

 

 


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