Der 3. Juli ist weltweiter Erdmännchen-Tag


Ihre Bezeichnung stammt aus einer Zeit, in der wir noch nicht darüber nachgedacht haben, wie man sich korrekt ausdrückt. Sonst hießen sie natürlich Erdmännch*Innen. Vielleicht auch gleich Erdfrauchen.

Diese Tiere, die im südlichen Afrika leben, sehen besonders schnuckelig aus, stubsnasig, mit riesigen, langbewimperten Augen, einem Knopfnäschen, und – ja, wirklich: sie lächeln. Es gibt immer wieder Menschen, die sich in die kleinen Wonnebolzen verlieben und die ein eigenes Erdmännchen haben möchten.

Dazu wäre zu sagen: Das ist weder verboten noch unmöglich – aber derart kompliziert, dass man es lieber lassen sollte. Auf jeden Fall kann der Besitzer sich von vornherein den Traum Mein süßes Erdmännchen und ich! abschminken. Es muss in jedem Fall ungefähr heißen: Mein süßes Erdmännchen, seine Schwester, sein Bruder, seine Mami, sein Papi, seine Omi, seine Kusine und ich. Denn die Kerlchen sind ungemein gesellig, weshalb das Gesetz vorschreibt, sie mit Familienmitgliedern zu umgeben, sonst werden sie auf der Stelle schwermütig und gehen ein. Es würde überhaupt nichts nützen, sie auf den Schoß zu nehmen, zwischen den runden Öhrchen zu kraulen und ihnen etwas vorzulesen. Erdmännchen benötigen Erdmännchengesellschaft.

Wer sich also seine fünf bis sechs süßen Erdmännchen anschafft, (ca. tausend Euro pro Stück, und sie sind meldepflichtig), der muss ihnen ein Außengehege bauen. Wohnzimmerhaltung ist verboten. Falls jedoch der Besitzer seine Erdmännchen nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter beobachten, fotografieren und füttern will, benötigt er für die kalte Jahreszeit zusätzlich ein entsprechendes Innengehege mit Rotlicht, in das sich alle Erdmännchen zurückziehen können, wenn ihnen kalt wird. Es bringt nichts, sich mit der Erderwärmung rauszureden und zu behaupten, es gäbe keine richtigen Winter mehr. Es hat auch keinen Sinn, sie in Schurwolle-Anzüge zu kleiden. Da kennt der Tierschutz keinen Sinn für Humor.

Das Gehege muss sandig  sein, damit  Erdmännchen buddeln und Höhlen anlegen können, das ist ihnen ein Bedürfnis. Andererseits muss die Begrenzung des Geheges über- und unterirdisch gewährleisten, dass sich niemand untendurchgräbt, weder hinein – noch hinaus. Also vermutlich Stahlplatten, die fünf bis sechs Meter in den Boden reichen.

Um sie zu füttern, reicht es nicht, eine Büchse zu öffnen oder Trockenfutter zu servieren. Erdmännchen benötigen lebende ‚Futtertiere‘. Das sind, außer Insekten und Eidechsen, beispielsweise Mäuse oder Küken. Wer Mäuse oder Küken auch süß findet, hat spätestens jetzt ein Problem. Erdmännchens Leibgericht sind, nebenbei bemerkt, Skorpione. Daran merkt man, dass sie mit den Mungos verwandt sind, die bekanntlich am liebsten Giftschlangen naschen.

Das wahrscheinlich schlimmste: Natürlich muss das Gehege häufiger gereinigt werden als ein Katzenklo. Und ihr Pu-pu soll ganz ungewöhnlich stark die Geruchsnerven belästigen. Alles in allem scheint es also sinnvoller, sie im Zoo zu betrachten und zufrieden nach Hause zu gehen.

Erdmännchen sind von Natur aus völlig vermenschlicht. Das zeigt sich nicht nur daran, dass sie so gern auf den Hinterbeinen stehen oder menschenartig herumsitzen, sondern auch an ihrem Sozialverhalten.

In freier Wildbahn leben sie in Großfamilien von durchschnittlich dreißig Männchen und Frauchen, regiert von – ja, einer Königin. Dieses dominante Weibchen darf, wie bei den Bienen, als einzige im Bau Romantik erleben und Junge bekommen, so will es das Gesetz. Alle anderen Weibchen müssen sich heißere Gefühle verkneifen und dienen als Babysitter und Putzfrauen. Mama säugt die kleinen Racker, Tanten, Onkel und Geschwister bewachen, wärmen und säubern sie.

Weil Erdmännchen aber so menschlich sind, hebeln sie schon mal das Gesetz aus; dann hat ein subdominantes Weibchen eine heimliche Beziehung und bekommt plötzlich Babys! Daraus entsteht ganz gern Mord und Totschlag, indem dominentes und subdominantes Weibchen versuchen, gegenseitig ihren neugeborenen Nachwuchs abzumurksen. Dabei ist die rechtmäßige Königin klar im Vorteil, weil ihre adelige Verwandtschaft ihr tatkräftig beispringt. Erdmännchen sind begabte Intriganten und Politiker.

Im weitverzweigten Erdmännchenbau (selten selbst gebuddelt; lieber ‚übernommen‘ von fleißigen Erdhörnchen, die aus dem Bau gejagt werden, ausgesprochen menschlich), hat  jeder seinen klar umrissenen Job, mit Schichtwechsel.

Außer Kindermädchen benötigt der Clan Futtersucher und Wächter. Wer das Dinner besorgt, kann schlecht gleichzeitig rundherum sichern, ob nicht ein Schakal, ein Greifvogel oder eine Schlange unterwegs ist, um sich ein saftiges Erdmännchen zum Abendbrot zu holen. Darauf achten die ‚Wächter‘, auf  den Hinterbeinen stehend, um den Überblick zu behalten. Sie tauschen sich mit den Futtersuchern durch kurze Zurufe aus – kommt ein Feind in Sicht, wird heiser gebellt. Dann verschwinden sämtliche Familienmitglieder in den verschiedenen Seiten- Vorder- und Hintereingängen des Baus. Falls es jedoch nicht anders geht, wird gemeinsam gekämpft. Ungefähr sechs Erdmännchen bekommen es zusammen fertig, eine große Giftschlange zu besiegen.

Um dem gehegten und verwöhnten Nachwuchs, nachdem die Jungen einige Wochen lang von Mamas Milch gelebt haben, das Jagen beizubringen, legt man ihnen zunächst tote Skorpione – später jedoch lebende hin, denen der Giftstachel ausgerissen wurde. (Ist das nicht menschlich? Obwohl es die Skorpione vielleicht weniger begeistert.) Erwachsenen Erdmännchen tut das Skorpiongift nichts, den Kleinen könnte es noch schaden …

Glücksfaktor: Lächeln zu können.

 


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