der 6. Januar ist Dreikönigstag


So ganz ungefähr wissen wir, was das bedeutet, oder? Klar, der Weihnachtsbaum wird abgewrackt und eventuell klingeln kleine Kostümträger, die Sternsinger, an der Tür, einer mit geschwärztem Schnäuzchen, singen uns eins und malen mit Kreide über die Haustür die Jahreszahl, dazwischen die Initialen C – M – B. Zack, schon ist das Haus gesegnet!

Als der kleine Jesus ungefähr zwei Wochen alt war, kamen drei Heilige Könige auf ihren Kamelen nach Betlehem in den Stall, um ihn, den zukünftigen König der Juden, anzubeten. Sie überreichten ihm – oder seinen Eltern – Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Das mit dem Gold geht in Ordnung, das konnten Leute, die im Stall wohnen müssen, garantiert gut gebrauchen. Bei Weihrauch und Myrrhe handelt es sich um Räucherware. Als ich klein war, hat mir die Wichtigkeit dieser Geschenke nicht so ganz eingeleuchtet. Hätten die Josefs nicht dringendere Bedürfnisse gehabt? Hätte sich der kleine Jesus nicht über eine Rassel oder einen Schnuller eher gefreut?

Inzwischen weiß ich mehr. Die Gaben sind natürlich symbolisch und drücken alles mögliche aus.Gold ist schlicht ein Geschenk für Könige, Weihrauch spielt auf die spirituelle Komponente des Neugeborenen an und Myrrhe dient nicht nur zum Räuchern, sie war auch ein Bestandteil von kultischen Salbungen. Christus, auf hebräisch Messias, bedeutet ‚der Gesalbte‘. Darüber hinaus jedoch ist diese Gabe auch eine Anspielung auf das Ende. Denn Myrrhe dient ebenso der Betäubung. Bevor sie ihn ans Kreuz nagelten, boten die Henker Jesus einen Becher Wein an, der mit Myrrhe versetzt war. Er lehnte es jedoch ab, davon zu trinken. Er wollte bis zuletzt bewusst bleiben.

Was die Heiligen drei Könige angeht, so sie waren zunächst mal gar keine Könige, sondern – laut Bibel, Matthäus 2, 1-12 : ‚Weise aus dem Morgenland‘. Übrigens steht in der Bibel auch nichts davon, dass es sich um genau drei Besucher handelt. Da ist schlicht von Weisen die Rede, wieviele auch immer. Die Bezeichnung für die Herren lautete Magoi, für die törichten Menschen der damaligen Zeit so was wie Wissenschaftler, nämlich Magier und Astrologen, also Sterngucker.

Weil sie also die Sterne im Blick hatten, fiel ihnen dieses besondere Himmelslicht auf. Es könnte theorethisch der Halleysche Komet gewesen sein – bloß war der zwölf Jahre vorher unterwegs. (Darüber wollen wir gar nicht nachdenken. Es würde bedeuten, wir lebten im Jahr 2034!) Zurzeit kann man sich überwiegend darauf einigen, dass es sich um eine auffallende Konjunktion von Saturn und Jupiter gehandelt haben muss, die abends tief im Südwesthimmel zu sehen war. Das erklärt dann auch, wieso die Weisen aus dem Morgenland, also von Osten, kamen.

Im späten 3. Jahrhundert nach diesen Ereignissen wurden die Männer – inzwischen definitiv drei, vielleicht wegen der explizit drei Geschenke? – zu Königen befördert. Dreihundert Jahre später erhielten sie ihre Namen: Caspar, Melchior und Balthasar. Nach und nach wusste man auch, woher sie kamen. Ein Mysterienspiel aus dem 14. Jahrhundert erklärt, Caspar sei König von Chaldäa gewesen, Melchior von Arabien und Balthasar von Saba. (Oder, nach anderen Quellen, auch irgendwie andersrum.) Sie standen damit jedenfalls für Herrscher aus den Teilen der damals bekannten Welt, Europa, Asien und Afrika.

Bald darauf erhielten sie eine weitere Beförderung, die zu Heiligen. Martin Luther fand das, wie zu erwarten war, blöd. Als er noch selbst katholischer Mönch war, gingen ihm solche Leute bereits auf den Zeiger. Er blieb bei Weisen statt Königen. Heilige kamen bei ihm eh nicht vor den Altar.  

Die katholische Kirche feiert den Tag als Sichtbarwerdung der Göttlichkeit des Kindes: Epiphanias. In einigen Ländern gibt es erst heute Geschenke, teilweise sogar Feuerwerk und Radau. (Also falls wir nicht gerade an Corona leiden.)

Das zeigt, wie wichtig dieser Termin aus religiöser Sicht ist. Heute ist auch der ungeheuer kostbare  – und wunderschöne – goldene Schrein aus dem 12. Jahrhundert im Kölner Dom geöffnet. Wieso? Weil da drin zufällig die drei Heiligen (?) Weisen(?) Könige(?) liegen. Also ihre Knochen, Gebeine sagt man respektvoll dazu. Von überallher kommen Pilger, um einen Blick in den Schrein zu tun. 

Wie kamen die ausgerechnet nach Köln? Es gibt ein bisschen ungenaue Angaben darüber, dass die heilige Helena, die Mutter Kaiser Konstantins (der das Christentum in Rom angeleiert hat, nachdem Christen vorher überwiegend in der Arena von Löwen zerfetzt wurden), Helena also im 4. Jahrhundert auf einer Reise nach Palästina zufällig über diese Gebeine gestolpert ist und sie natürlich sofort mit sich nahm. Eine Weile lang lagen die Reste der Könige in Mailand, bevor Barbarossa sie im 12. Jahrhundert einem Kölner Erzbischof als kleine Aufmerksamkeit überreichte.

Damals existierte der heutige riesige Kölner Dom noch nicht – stattdessen gab es einen bedeutend kleineren, den Hildebold-Dom. In dessen Mitte kamen die Gebeine, im eigens angfertigten kostbaren Goldschrein. Daraufhin wälzten sich die begeisterten Pilger durch den kleinen Dom, und nachdem der in allen Fugen knirschte, war klar: Die heiligen drei Könige brauchen etwas mehr Platz! Man kann also sagen, dass der Dom in Köln vor allem deshalb so geräumig gestaltet wurde, weil hier drin die drei Weisen aus dem Morgenland wohnen und eine Menge Besuch bekommen. Der Schrein befindet sich wieder in der Mitte des Doms – man könnte sagen, das Riesendings ist um die Königsreste drumrum gebaut.

Nun könnte es heißen: Fröhlichen Dreikönigstag oder Happy Epiphanias! Es gibt aber noch einen kleinen Nachtrag; in den letzten Jahren hat man immer häufiger vermieden, einen der kleinen Sternsänger zu schwärzen. Es wurden sogar bei Statuetten der Königsanbetung an der Krippe die jeweils dunkle Figur gegen eine helle ausgetauscht. Begründung: Rassismus. Man hat beobachten können, dass der dunkle König mit diskriminierenden Attributen wie dicken Lippen, Turban, Ohrringen und krausem Haar dargestellt wurde.

Na gut, im Grunde weiß sowieso niemand, ob es die weisen heiligen Monarchen so überhaupt gegeben hat. Ob sie nicht doch eher Astrologen waren – und zu viert oder zu sechst. Wo sie genau herkamen. Ob sie weiß waren oder braun oder schwarz oder gelb. Und ob das tatsächlich ihre Reste sind, an denen die Pilger vorbeiströmen …

Glücksfaktor: dass Bewusstsein immer noch bewusster werden kann!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert