Der beste Kaffee der Welt


und die Trauermücke.

Hört es sich nicht lyrisch an?

Alles hat mit einem guten Freund zu tun. Er verfügte bis vor kurzem über ein Heer von Trauermücken.

Trauermücken sind winzig, aber dafür viele. Ich hab sie zuerst übrigens falsch angesprochen, ich sagte ‚Fruchtfliege‘ zu ihnen. Ich weiß nicht, ob sie das gekränkt hat. Falls ja, dann nicht genug, um zu verschwinden.

Fruchtfliegen sind ebenfalls winzig und viele, aber heller angezogen, honigfarben bis hellbraun. Fruchtfliegen sitzen auf Obst, das nicht mehr hundertprozentig prall und sexy aussieht. Ein Apfel muss nur einen etwas schlechteren Tag haben und leise seufzen – sofort sitzt ihm eine Fruchtfliegenfamilie an der Kehle.

Was jedoch bei meinem Freund herumflog und Anstalten machte, die Wohnung zu besetzen, war eine Invasion von Trauermücken. Die haben mit Obst nichts im Sinn. Wie ihr Name schon sagt, sind sie schwarz gekleidet und pflegen morbidere Vorlieben. Sie knabbern an zarten Pflanzenwurzeln, legen ihre Brut in Blumentopf-Erde, damit die kleinen Maden ebenfalls an den Pflanzenwurzeln kauen können, und killen auf diese Art, wenn sie nicht rechtzeitig gestört werden, einen stattlichen Geldbaum oder dergleichen.

Vorher machen sie jedoch den Besitzer der Pflanze wahnsinnig, indem sie fortgesetzt um ihn herumschwirren und sich erkundigen, ob er etwas dagegen hätte, wenn sie in seinem Blumentopf wohnen.

Mein Freund sah entsprechend echauffiert aus, als ich ihn an einem heißen Tag dieses Sommers besuchte. Er rollte mit den Augen, während millimeterkleine schwarze Punkte seinen Kopf umkreisten und sagte – wobei er die Lippen möglichst wenig bewegte, um keinen schwarzen Punkt zu verschlucken – : „Nimm sie weg!“ Er vertraut mir und meinem grausamen Jagdtrieb.

Ich ging sofort ans Werk. Ich kaufte das, was Vogelsand genannt wird und überwiegend aus Quarz besteht und streute eine dicke Schicht davon oben auf die Blumenerde. Das bewirkt, dass die Larven keine Luft mehr bekommen und dass die erwachsenen Trauermücken nicht mehr zu ihren Babys gelangen können. (Ich weiß, das hört sich so an, als sei es wenig günstig für das eigene Karma.)

Ich ging noch weiter. Ich stellte ein Schälchen mit einer perfiden Flüssigkeit neben die Blumentöpfe: etwas Apfelessig mit Honig, in Wasser aufgelöst und gewürzt mit einigen Tropfen Spülmittel. Das Internet behauptet, diesem Trank könne keine echte Trauermücke widerstehen, sie stürzten sich rüsselvoran hinein und kämen, gelähmt vom Spüli, nicht wieder hoch. Ich wünschte guten Appetit, lächelte fein, aber böse, und ging nach Hause.

Als ich meinen Freund eine Woche später wieder besuchte, hatte ich allerdings nicht den Eindruck, dass besonders viele der Winzfliegen fehlten. Es sah so aus, als seien sie vollzählig angetreten. Vielleicht ging es den Larven unter der Erde und dem Quarzsand mies, doch die erwachsenen Trauermücken schienen nicht um sie zu trauern. Übrigens schwamm, zu meinem Missvergnügen, nicht ein einziger Fühler in dem gefährlichen Cocktail.

Das ist leider häufig so bei Tipps aus dem Internet.

„Ich würde auch keinen Essig mit Honig und Spülmittel trinken“, sagte mein Freund. „Die Tierchen haben einen guten Geschmack. Sobald ich mir einen Kaffee mache, sind sie zur Stelle. Gestern hab ich zwei rausfischen müssen. Und als ich mir heute einen Becher gebrüht hab, hat sofort eine das volle Programm darin erledigt,du weißt schon, Kraulen, Rückenschwimmen, Toter Mann …“

Ich bin bekanntlich Teetrinker, doch der Kaffee, den mein Freund macht, schmeckt auch mir. Es ist, kurz gesagt, der beste Kaffee der Welt. Er veranstaltet aber auch eine Menge Hokuspokus damit, streut Salz dazu und ein Teelöffelchen Kakao und solche Sachen. Das Ergebnis ist unwiderstehlich.

Ich goß ein wenig davon in ein neues Schälchen und stellte es zu den Blumentöpfen. Kein Honig, kein Zucker, kein Spülmittel. Just Kaffee.

Am Abend schickte mein Freund mir ein Bild des Kaffeeschälchens:

Er füllte in den nächsten Tagen immer mal wieder einen Rest Kaffee für die Trauermücken ab. Sie starben darin wie die Fliegen. Inzwischen sind sie restlos verschwunden.

Ich suchte aus Spaß im Internet nach ‚Kaffee‘ und ‚Trauermücken‘. Das Internet hatte keine Ahnung. Es faselte etwas davon, dass man Kaffeepulver ankokeln könnte, um Insekten zu vertreiben.

Glücksfaktor: Also eigentlich – Tee …

 

 

 

 

 


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