Der Schwarze Prinz heiratete am 11. Oktober 1361 seine Tante


Und zwar aus Liebe. Das war ziemlich ungewöhnlich.

Erstens hätte er – mit richtigem Namen Eduard Plantagenet oder Edward of Woodstock – sich vorrangig aus politischen Gründen vermählen sollen, ein Bündnis schließen über das Ehebett. Er war der älteste Sohn des englischen Königs, er war Prince of Wales und Thronfolger. Da  folgte man nicht einfach einer persönlichen Neigung.

Zweitens war er, was das anging, empörend spät dran. Die Menschen des Mittelalters besaßen eine geringe Lebenserwartung. Weil das Leben kurz war, musste man es rechtzeitig nutzen. Geheiratet wurde von Männern durchschnittlich ab dem 17. Lebensjahr. (Der Vater des Schwarzen Prinzen, König Edward III., war, völlig normal, siebzehn Jahre älter als sein Ältester.) Frauen waren noch früher dran, häufig mit 14 Ehefrau und vor dem 20. Lebensjahr Mutter vieler Kinder, sofern sie die Geburten überlebten. 

Der Schwarze Prinz – ach so, ja, wieso hieß er eigentlich so? Es ist unklar, ob er die Bezeichnung seiner schwarzen Rüstung oder seiner schwarzen Seele verdankte, letzteres auf jeden Fall in den Augen seiner Feinde. Ein eventuell einigermaßen stimmiges Portrait aus mittleren Jahren zeigt ihn mit rotbraunem Bart, was dafür spricht, dass seine Haarfarbe jedenfalls  nicht gemeint war.

Der Schwarze Prinz also hatte immerhin ohne großes Rumtrödeln früh damit angefangen, sich auf dem Schlachtfeld einen berühmten Namen zu machen. In dem verbissenen, endlosen Krieg, in dem England hundert Jahre lang versuchte, sich Frankreich unter den Nagel zu reißen, zeichnete er sich in sehr jungen Jahren bereits als genialer Stratege und mutiger Kämpfer aus.

1346, ganz am Anfang dieses Krieges, tobte die Schlacht von Crécy, in der das zahlenmäßig enorm unterlegene englische Heer den Sieg errang. Hier befand sich der sechzehnjährige Prinz in leitender Position und machte seine Sache hervorragend. (Also an ihm lag es nicht, dass Frankreich zum Schluss Frankreich blieb und keine englische Kolonie wurde.)

Unter seinen Feinden befand sich einer, den Edward Woodstock sehr bewunderte und respektierte. Das war Johann, König von Böhmen, Graf von Luxemburg. Er hatte viele Lanzenturniere ebenso kraftvoll wie elegant gewonnen, von ihm hieß es, er sei die Blüte der Ritterschaft, unvergleichlich edel und gerecht. (Kein Wunder, er war im Sternzeichen des noblen Löwen geboren.)

Durch ein erbliches Augenleiden war Johann in seinem fünfzigsten Lebensjahr vollständig erblindet, was ihn nicht hinderte, mitten ins Getümmel zu reiten –  wo er natürlich erschlagen wurde. Am Abend nach der Schlacht bemerkte der schwarze Prinz den König von Böhmen. Er beugte das Knie vor dem Toten, sagte: „Dort liegt der Fürst des Rittertums, doch er stirbt nicht“, nahm die Helmzier Johanns, drei Straußenfedern mit der Aufschrift ‚Ich dien‘ und machte sie von da ab zu seiner eigenen.

Bis heute befindet sich dieser deutsche Wahlspruch mit den drei Federn im Wappen des Fürsten von Wales (aktuell Charles Windsor, der 21. Prince of Wales).

Inzwischen hatte der schwarze Prince also das mittlere Alter von 31 Jahren erreicht und ging nun endlich auf Brautschau. Und wen suchte er sich aus? Seine Tante Joan, mit 33 Jahren für damalige Begriffe eine alte Schachtel, dazu bereits zweimal verheiratet gewesen und Mutter  von vier Kindern! Zwar galt sie, trotz ihres hohen Alters, als eine der schönsten Frauen Englands und ihrer Zeit – ihr Beinahme lautete The Fair Maid of Kent – und sie soll geistreich, witzig und warmherzig gewesen sein. Aber trotzdem! Eine so betagte Dame und die eigene Tante?

Doch es war offenbar eine wirkliche Liebesheirat und das alte Mädchen bekam noch zwei Söhne, von denen einer, Richard, auf den englischen Thron gelangte.

Sein Vater, der schwarze Prinz, schaffte das nicht. Nicht jeder Prince of Wales wird König. Edward hatte immerhin vierzehn gemeinsame Jahre mit seiner Joan. Sie lebten in Bordeaux auf einem prächtigen Schloss, ihre Gäste waren bevorzugt Wissenschaftler und Künstler. Später zogen sie nach England um, in einen Palast in Westminster. 

Am Ende seines Lebens litt der Schwarze Prinz jahrelang an der Ruhr, was ihn sehr mager und verständlicherweise verdrießlich machte. Er starb wenige Tage vor seinem 46. Geburtstag.

Seine Tante und Ehefrau, die schöne Maid von Kent, überlebte ihn um zehn Jahre. In dieser Zeit wurde sie, im Gegensatz zum schwarzen Prinzen, überaus beleibt.

Glücksfaktor: eine etwas längere Lebenserwartung …

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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