Der Waage-Mann und die Liebe


Woran erkennen wir ihn? Es ist hell in der Ecke, in der er steht, und er lächelt einfach bezaubernd. Waage-Männer besitzen normalerweise einen erlesenen Geschmack. Es ist ihnen ein Bedürfnis, gepflegt, frisch rasiert (oder mit perfekt gebändigtem Bart) und dezent duftend aufzutauchen. Das ist keine Eitelkeit, das ist Rücksicht. Der gute Eindruck, den sie machen möchten, dient nicht ihrem Ego, sondern dem Wohlbefinden ihrer Umwelt.

Er ist der Liebenswürdigste, der Aufmerksamste, der Höflichste (und das wunderbar nebenbei und ganz natürlich, die militanteste Emanze kann sich nicht beleidigt fühlen, wenn er ihr strahlend die Tür aufhält) – oft auch der Hübscheste. Da die Waage von Venus regiert wird, sind ihre Tierkreiskinder meistens ausgesprochen attraktiv, die reinsten Engelsgesichter – wie etwa der liebenswürdigste James Bond aller Zeiten, Sir Roger Moore, * 14. Oktober.

Foto: Allan warren

So, und um es gleich am Anfang ganz ehrlich zu sagen, damit wir es hinter uns haben: Ein typischer Waage-Mann kann entsetzlich launisch sein. Kann, muss nicht. Aber er kommt häufiger als viele andere aus dem Gleichgewicht, weil etwas oder jemand eine seiner Waagschalen antickt. (Manchmal ist das gar nicht der Fall, er bildet es sich nur ein.)

Waage-Geborene sind überaus empfindlich, verfeinert, oft künstlerisch begabt. Nicht gerade simpel. Ganz wie die Waage-Frau hilft sich auch der Waage-Mann gern mit Diplomatie aus der Patsche. Er hat da nur ein Problem: sein Schnuller war blau, nicht rosa. Er ist ein Mann und zwar, um mal das völlig unzeitgemäße Wort zu benutzen, ein ziemlich männlicher, Engelsgesicht hin oder her. 

Solange wir es noch nicht geschafft haben, uns völlig geschlechtsneutral zu kleiden und zu stylen, alle die Unisex-Toilette zu benutzen und auf androgyne Namen wie Kim oder Toni zu hören, solange es also noch irgendwie darum geht, Männchen oder Weibchen zu markieren, meint der Waage-Mann, er muss in Konflikt-Situationen den harten Kerl raushängen lassen. Das funktioniert bei ihm anders als bei Fische- oder Krebsmännern; die überdeckeln ihre aufgewühlten Emotionen gern mit borstigen Barthaaren. Beim Waage-Mann spielt sich die momentane Unsicherheit im Intellekt ab. Sobald sein Boden anfängt zu schwanken, beginnt er, zu argumentieren. Da Luftzeichen meistens eine Menge in der Rübe haben, kann das machtvoll daherrauschen. Und je unsicherer der Waage-Mann sich gerade fühlt, umso giftiger, aggressiver, besserwisserischer schnappt er zu. Manchmal auch sehr pointiert – man weiß nicht, ob man Angst kriegen oder lachen soll. (Wenn’s eine Stufe schlimmer kommt, dann haut der kultivierte, intellektuelle, sensible Waage-Mann sogar drauf. So wie beispielsweise John Lennon, * 9. Oktober, der einerseits ein paar seiner Zeitgenossen krankenhausreif geprügelt hat – und andererseits meinte: Give Peace a Chance!)

Denn das ist es ja, was die Waage eigentlich möchte: Frieden – und vor allem Harmonie. Keine grellen Farben, die sich auch noch miteinander beißen, bitte. Kein Lärm und Radau. Es muss nicht gebrüllt werden, wir können alle gedämpft reden. Haare brauchen nicht fettig auszusehen, oder? Der Waagerich ist Ästhet. Er nimmt sinnliche Eindrücke mehr über Augen und Ohren auf als über die Fingerspitzen. (Waagen, ähnlich wie Zwillinge, sind die geborenen Voyeure.)

Da sich seine beiden Waagschalen ständig mit Eindrücken füllen – er nimmt ungeheuer viel auf und sieht sowohl das große Ganze als auch gleichzeitig tausend Einzelheiten – ist er oft überfordert damit, worauf er sich konzentrieren – oder, schlimmer: wofür er sich entscheiden soll. Die blonde, sanfte, Füllige, die ihn so gut versteht – oder die nervöse, schmale Brünette, die so dringend einen Beschützer braucht? Für beide gibt es haufenweise Fürs und Widers.

Eher letztere. Er ist immer auf dem Sprung, ein schwaches Reh oder eine geknuffte Seele zu verteidigen. Das stärkste Gefühl einer Waage ist das Mitgefühl, und nicht wenige ihrer Partnerschaften werden vom Helfersyndrom beeinflusst. Eine schöne Frau, die ein bisschen süchtig oder abhängig ist oder sonstwie gerettet werden muss, das reizt den Waage-Mann ungemein.

Kann er treu sein? Zunächst mal ja, vor allem, solange er den Eindruck hat, das beruhe auf Gegenseitigkeit – und solange er sich wohl fühlt. Sein zweiter Vorname ist Fairness. Bei mieser Behandlung (laute Szenen, gehäufte Disharmonie, geknallte Türen) allerdings zieht er an der Konsequenz und erinnert sich, dass er schließlich jede Menge ergebene Bewunderinnen besitzt.

Der Waage-Mann passt nicht, wie die Waage-Frau, zu nahezu jedem anderen Zeichen. Aber zu vielen.

Gleich ganz gut zur weiblichen Waage – also das funktioniert meistens. Eine Wassermannfrau ist ihm eventuell zuwenig romantisch. Mit der Zwillingin geht’s in den meisten Fällen prima, er mag intelligente Frauen, mit denen er lange und interessant quatschen kann. Doch sie achtet zu wenig auf seine überempfindliche Seele und macht vielleicht, ohne es böse zu meinen, satirische Bemerkungen über ihn. Das kann seine Waagschalen arg ins Schwanken bringen und womöglich Narben hinterlassen.

Die Stierin wird, wie er selbst, von Venus regiert. Große erotische Anziehung von beiden  Seiten, aus der eine angenehme Langzeitbeziehung werden kann. Dagegen berührt ihn die Jungfrau eher kühl, vielleicht sogar, wenn sie seine Großzügigkeit kritisch betrachtet, zu kleinkariert. Ähnlich ist es mit der Steinböckin. Wenn nicht andere Aspekte sehr stark sind, dann haben diese beiden sich wenig zu sagen.

Ein Fische-Mädchen taucht derart tief ins Gefühl ab, dass es den Waage-Mann gruselt. Dem hat er wenig entgegenzusetzen. Sollte sie allerdings, was Fischen öfter passiert, mit einer Sucht oder einem anderen Riesenproblem kämpfen, dann fühlt er sich ganz gern zum Retter aufgerufen. Daraus kann im besten Fall eine wunderbare Partnerschaft entstehen. Ähnlich ist es mit dem Krebs-Mädchen, dem ein Waage-Mann einfühlsam Halt und Schutz geben kann.

Skorpion-Frau und Waage-Mann? Das wird, falls beide typische Vertreter ihrer Zeichen sind,  schwierig. Sie ist abgründige Leidenschaft, er klares Bewusstsein. Es kann Jahre dauern, bis sie auf einen Nenner kommen – oder schließlich aufgeben. In jedem Fall jedoch dürften beide viel voneinander gelernt haben.

Eine echte Widder-Frau kann dem überempfindlichen Waage-Mann kaum guttun, wenn sie ihrem Temperament die Zügel schießen lässt und hin und wieder mit Geschirr schmeißt. Darüberhinaus neigt sie, für sein überfeinertes Empfinden, zur Schlampigkeit, was ihn nervt. 

Erwischt er eins der langbeinigen, sportlichen Schützemädchen – die ihm eventuell auch noch im Wettkampft überlegen ist! – dann lehnt der Waage-Mann es ab, auch nur mit ihr zu flirten. Die andere Art der Schützin, die recht elegant, selbstsicher und gebildet daherkommt, reizt ihn mehr, manchmal ein Leben lang.

Einen Volltreffer landet er mit der Löwin, das fängt gut an und hört gut auf. Beide sind voneinander begeistert. Er entspricht ihrem Bedürfnis nach Elite, denn er wirkt unwillkürlich wie ein Edelmann. Und eine strahlende Königin wie sie sieht er gern an seiner Seite. Ihm gelingt es, sie auf diplomatische  Art unmerklich zu zügeln, sie hilft ihm liebevoll, Entscheidungen zu treffen. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


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