Am 4. Mai 1904 schüttelten sich zwei Männer in einem Hotel im englischen Manchester kräftig die Hände. Sie hatten gerade beschlossen, gemeinsam einen Automobilbetrieb zu gründen. Es handelte sich bei den beiden um Henry Royce und Charles Rolls. Was dabei rauskam, kann man immer noch, sehr hin und wieder, über eine Straße rollen sehen.
Auf der Nase sitzt dem Rolls Royce in den meisten Fällen eine silberne Lady, dynamisch nach vorn geneigt und umflattert von etwas, das ebensogut ein Cape wie ein Paar Elfenflügel sein könnte. Die kleine Kühlerfigur nennt man Spirit of Ecstasy oder, vertraulicher, Emily. Das Modell für die silberne Schönheit hieß Eleanor Thornton. Sie war die Sekretärin und Geliebte von Lord John Douglas-Scott-Montagu, Baron of Beaulieu, einem ganz feinen Mitglied des englischen Adels, vierzehn Jahre älter als Eleanor und natürlich verheiratet mit einer ganz feinen englischen Adligen. Insofern musste das kleine Mädchen, das Eleanor von ihrem Lord bekam, leider zur Adoption freigegeben werden.
Immerhin ließ Monty seine Geliebte vom Bildhauer Charles Sykes als Kühlerfigur nachbilden. Das gefiel zwar Henry Royce nicht besonders, da er Kühlerfiguren für Schnickschnack hielt, doch er konnte nicht verhindern, dass jeder Besitzer des Luxusautos es nach privatem Geschmack verzierte. (Und glücklicherweise erlebte Royce nicht mehr, was John Lennon mit seinem eigenen Exemplar anstellte.) Die Idee des Lords wurde von den meisten Rolly-Royce-Fahrern entzückt aufgenommen. Später gab es verschiedene andere Kühlerfiguren für den Wagen, zum Beispiel eine kniende Emily, die dem Fahrer weniger die Sicht behinderte.
Rolls-Royce-Kühlerfiguren sind höchst begehrt, sogar ohne dazugehörigen Wagen. Weshalb sie so oft gestohlen wurden, dass in den neueren Modellen das silberne Figürchen nach dem Parken im Kühler versenkt werden kann.
Eleanor Thornton, das hübsche, schlanke Modell für Emily, wurde nur 35 Jahre alt. Am 30. Dezember 1915 machte sie mit ihrem Boss und Lover eine Kreuzfahrt im Mittelmeer, als ein deutsches U-Boot (immerhin befand man sich im ersten Weltkrieg) das englische Passagierschiff, ohne es nach Kriegsrecht vorher zu warnen, versenkte. Lord Montagu konnte zwar nicht die schöne Eleanor, aber immerhin sich selber retten …

Glücksfaktor: Keine Kreuzfahrten machen zu müssen, auch nicht im Frieden.