Das liegt in erster Linie daran, dass in der vergangenen Woche in Bitburg ein Unwetter tobte. In Löwes Keller tobte es besonders. Dabei ging eine Menge durch Wasserschäden kaputt. Auch viele Umzugskartons. Die nette Verkaufsleiterin eines Supermarktes hat uns erst mal mit Bananenkisten ausgeholfen …
Inzwischen herrscht wieder strahlendes Wetter, sehr, sehr warm. Wir packen weiter: Bücher! Es ist schwer, Bücher einzupacken, wenn man eine Leseratte ist und in jedes Buch, das man noch nicht kennt, schnell ein bisschen reinlesen muss.
Zu viel zu tun, um nachzudenken. Erst, als ich am Abend, während der Löwe eine Kommode auseinander nimmt, rüber zum Vietnamesischen Grill laufe, um unser Lieblingsgericht (zum letzten Mal!) zu holen, wird mir dieses letzte Mal sehr bewusst.
Ich kannte Löwes Wohnung nur ziemlich genau ein halbes Jahr lang – aber ich war sehr glücklich hier. Mir fällt ein, wie ich zum ersten Mal herkam und er mich am Bahnhof abholte, das Haar und die Schultern voller Schnee. Auf seinem Küchentisch standen Rosen für mich in einer Vase und im Backofen das Abendessen, das er gekocht hatte …
Plötzlich überkommt mich eine Riesenportion Sentimentalität. Ich kaufe, furchtbar gerührt allein durch die Namen auf dem Etikett, eine Flasche Bitburger Pils und eine Flasche mit Gerolsteiner Sprudel, was die Vietnamesin vom Grill verdutzt, weil wir bisher nie Getränke gekauft haben.
Dann wandere ich ganz langsam zurück durch den warmen Abend, um mir alles noch mal genau einzuprägen. Da drüben ist die ‚Turnhalle‚, eine Cocktailbar, in der wir am Tresen saßen (ich trank etwas sehr Seltsames mit Gurkenstückchen) und so lachen mussten, dass die anderen Gäste uns besorgt anguckten.
Dort um die Ecke liegt das Eiscafé, vor dem man in der Sonne sitzen kann und die Kinder beobachten, die zwischen den Fontänen des Springbrunnens spielen.
Die Straße da hinten führt, um den Kreisel, zum Heim. Hier hab ich den Löwen manchmal ganz früh am Morgen abgeholt, wenn er Nachtdienst gemacht hatte. Einmal, im April, sind wir nicht nach Hause, sondern auf einen Berg gefahren, den Sonnenaufgang zu betrachten. Rundherum zwitscherten drei Millionen Vögel, das war bezaubernd. Aber die Sonne hatte irgendwelche Probleme, sich aus den Frühnebeln zu wickeln – bis wir meinten, sie könne das vermutlich auch gut ohne uns erledigen, und nach Hause fuhren, um zu frühstücken.
Im Vorgarten von Löwes Haus blühen rosa Rosen und Lavendel. Ich breche ein Lavendelzweiglein ab, zur Erinnerung. Es ist schön, dass wir nun zusammenziehen. Aber ich werde auf eine Art auch die vielen Reisen vermissen, unsere gegenseitigen Besuche.
Der Löwe hat derweil die Kommode zerlegt und freut sich über das vegetarische Chop-Suey. Und vor allem über das Bier …
Glücksfaktor: Gemeinsame Erinnerungen
2 Antworten zu “Dieser Umzug ist einer von denen, die etwas länger dauern”
Da werde ich gleich auch ganz sentimental und nehme mit Dir traurig Abschied von Löwes Wohnung und Wohngegend. Ach, war das schön dort! Aber trösten wir uns: Egal, wo ihr wohnt – Hauptsache zusammen und beisammen! Also: Weg mit der Traurigkeit… Hat geklappt: Ich freue mich schon wieder – für euch und mit euch…
Danke, Marion! Ja, ganz genau so empfinde ich das auch …