Ein Südstaaten-Roman, erzählt in einem Lied von Bobbie Gentry.


Es war am dritten Juni, einem dieser schläfrigen, staubigen Tage im Mississippi-Delta.

Das Mädchen pflückte Baumwolle, ihr Bruder machte Heuballen. Abends gingen sie zum Essen heim und Mama schrie aus der Hintertür, sie sollten sich alle die Füße abputzen. Dann sagte Mama: „Ich hab was Neues aus Choctaw Ridge gehört – Billie Joe MacAllister ist heute von der Tallahatchie-Brücke gesprungen!“

Papa reichte die Bohnen rum und meinte, dieser Billie Joe hätte noch nie einen Funken Verstand gehabt. Und man sollte ihm bitte mal den Zwieback geben.

Dem Bruder fiel ein, wie er damals mit Billie Joe und einem anderen Jungen seiner Schwester vor dem Kino einen Frosch ins Kleid gesteckt hatte. „Hast du übrigens nicht noch am letzten Sonntag vor der Kirche mit ihm gesprochen?“ wollte er wissen und nahm sich noch ein Stück Apfelkuchen.

Mama fragte: „Kind, was ist mit deinem Appetit passiert? Ich hab stundenlang gekocht und du rührst keinen Bissen an! Heute war dieser nette junge Prediger, Bruder Taylor, kurz hier. Hab‘ ihn für Sonntag zum Essen eingeladen. Ach, stimmt, er hat gesagt, er hätte ein Mädchen gesehen, das wie du aussah, die warf gemeinsam mit Billie Joe irgendwas von der Tallahatchie-Brücke.“

Das ist jetzt ein Jahr her. Inzwischen ist Papa an einem Virus gestorben, der in der Gegend umging, und seitdem hat Mama zu nichts mehr richtig Lust.

Der Bruder hat geheiratet und mit seiner Frau einen Laden in Tupelo gekauft.

Und das Mädchen verbringt immer noch eine Menge Zeit damit, Blumen zu pflücken und von der Tallahatchie-Brücke runter in das schlammige Flusswasser zu werfen.

 

Glücksfaktor: mit jemand anderem ein Lieblingslied zu teilen …


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