Also – typisch Mann!


Gestern Abend kam der Löwe mit Rosen nach Hause: Moosrosen, und sie duften sogar!

Dann rief eine Bekannte an, erzählte eine Menge und wollte wissen, wie es mir ging. Als ich von den Rosen erzählt, lachte sie ein wenig und meinte: „Ach – hat er ein schlechtes Gewissen? Hattet ihr Streit? Oder ist das ein Jubiläum oder so was?“

Ich sagte nein, das wäre „einfach so“. Die Antwort lautete, wieder mit Gelächter: „Aber Männer schenken doch nicht „Einfach so“!“

Das hat mich geärgert, wobei ich weiß, dass sie nichts Böses wollte. Sie kennt den Löwen kaum, sie meinte auch nicht ihn persönlich. Was sie sagte, ist eine ganz übliche Meinung. So denkt man und so redet man.

Typisch Mann und typisch Frau, das ist furchtbar komisch. Über das Thema gibt es Bestseller, die alles aufzählen, was da an Unterschieden so bezeichnend ist. Zum Totlachen. Es ist ja nicht so, dass hier die Differenzen in bewunderndem, respektvollem Ton hervorgehoben werden. Es handelt sich grundsätzlich um eine Herabminderung, geäußert in eine Mischung aus Hähme und Schadenfreude.

Mir fehlt an dieser Stelle der Sinn für Humor und hat mir seit jeher gefehlt. Wenn meine Mutter sich mit ihren Freundinnen darüber amüsierte, wie blöd oder ungeschickt oder vernagelt Männer sind, stand ich schon als sehr kleines Kind mit einem gequälten Gefühl dabei. Ich liebte meinen Vater, ich konnte ihn weder blöd noch ungeschickt noch vernagelt finden. Im Zweifel verstand ich ihn sehr viel besser als meine Mutter. Die Aversion gegen diese Pointe ist mir geblieben. Keine Frau, die ihre Augen zum Himmel rollt und ausruft: „Männer!“ kann mit meiner Zustimmung rechnen.

Ich mag weder Schubladendenken noch Verallgemeinerungen. Sicher gibt es geschlechtertypische Eigenschaften und Verhaltensweisen. Daraus einen Running Gag zu machen, eine endlos sich wiederholende Kicherschleife, finde ich einfach dumm. Es beinhaltet auch im heitersten, unschuldigsten Fall immer ein wenig Aggression, dieses Kneipengefühl von „wir hier“ und „die da drüben“, seht sie euch an!

Wir sind ja neuerdings so schrecklich behutsam, was Diskriminierungen angeht. Gebäcksorten werden umgetauft und die Weltliteratur verbessert, um jeden Rassismus auszumerzen. Wenn wir in der Form über Andersrassige reden würden wie über das jeweils andere Geschlecht, dann müssten wir uns schrecklich schämen. Es würde auch nichts nützen, wenn wir sagen, das war ja nur scherzhaft gemeint.

Glücksfaktor: Die Bereitschaft zum Verständnis.


2 Antworten zu “Also – typisch Mann!”

  1. Liebe Dagmar,

    ein wunderbarer Text, und das sage ich als alte „Emanze“, die in einem patriarchalisch geführten Verlag durch so manches Stahlbad gegangen ist. Genau wie du denke ich mittlerweile auch: Es gibt viele Arten von Rassismus – die pauschalisierende Abwertung des anderen Geschlechts gehört dazu.

    • Liebe Angela, wie schön, dass du – ausgerechnet du, eine höchst intelligente, sehr erfolgreiche Frau! – das bestätigst! Danke dir …

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