Ernst macht wieder mal eine Herbstreise. Auf seine Art.


Er wollte unbedingt mit. Ernst will grundsätzlich mit. Wir hatten übrigens gar nichts dagegen. Mami und Löwe-Papi wollen eine Woche in den Hunsrück, ein bisschen Arbeit und ein Klassentreffen und ein großes Familienfest. Das klingt so toll! Erst will, bitte, bitte, mit! Aber es ist doch schon erlaubt.

Benny will beispielsweise nicht mit. Er ist ein vernünftiges Auto, das seine Grenzen kennt. Soviel bergauf und bergab – och nee. Wir teilen diese Ansicht und nehmen ein etwas größeres Mietauto. Dann muss man auch nicht so furchtbar darauf achten, kein Taschentuch zuviel einzupacken.

Aprospos einpacken – Ernst packt seinen blauen Rucksack. Er hat sich Wanderstiefelchen online bestellt. Er kann mit seinem Taschengeld machen, was er will, bittesehr. Die Stiefel kommen sogar rechtzeitig an. Er will nämlich mitwandern. Wir werden doch wandern?

Mal sehen, ein bisschen bestimmt.

Ernst darf hinten sitzen ohne Kinderstühlchen, wie ein Erwachsener. Löwe-Papi fragt, ob er wirklich diese uncoole Mütze aufsetzen will? Jetzt ist Ernst gekränkt. Der Elbsegler ist ein Erbstück von seinem Opi, ja?! Wir bestätigen, dass Helmut Schmidt auch einen getragen hat. Norddeutsche mit Persönlichkeit tragen so was. 

Im Elbtunnel hat Ernst diesmal kaum Angst, er ist schließlich inzwischen Profi. Und er zwitschert und plappert die ganze Fahrt hindurch, singt das Lied vom Rhein, der lieber goldner Wein sein soll, möchte in der Raststätte bitte gern Pommes, danke, und findet die Landschaft schön, aber zu grün.

Ich kann ihm nur zustimmen. Wenn ich eine Herbstreise mache, möchte ich gefälligst buntes Laub sehen, nicht grünes. Der Löwe-Papi schlängt vor, wir sollen die Natur verklagen, auf Schadensersatz. Wir haben eine vergnügte halbe Stunde damit, uns auszudenken, was wir mit dem Geld machen werden.

Aber siehe, je näher wir der Heimat des Löwen kommen, desto vorbildlicher zeigt sich der Herbst. Wir denken uns, hier war im Sommer wohl doch mehr Sonne, alles in allem. Deshalb sind die Blätter hier so schön bunt. Und wir schreien jedes Mal, wenn wir einen rot- oder orangeglühenden Baum sehen: „Oh, guck, wie schön!“

Abends sind wir da, in einer Ferienanlage mit riesigen Schwimmhalle im Tal und Restaurants und Supermarkt und Sauna und so weiter. Davor, auf dem Berg, stehen viele kleine bunte Häuschen neben- und übereinander. In so einem wohnen wir jetzt auch für eine Woche, in einem hellblauen. Guck mal, Ernst, wie schön der Blick vom Balkon – Ernst?

Nun ist er eingeschlafen. Das war ja auch eine lange Fahrt. Löwe-Papi trägt ihn in sein Zimmer, Mami zieht ihm seinen Schlafanzug an. Gute Nacht, Schätzchen …

Ernst hatte viele Pläne für diesen Urlaub. Außer Mitwandern wollte er uns in einem Restaurant einladen, feine und besondere Sachen essen (auf jeden Fall gefüllte Klöße!), darauf hatte er gespart. Und er wollte alles mitbesichtigen: die alte Schmuckfabrik in Idar-Oberstein und das Kupferbergwerk in Fischbach, die Burg mit den zwei Türmen und der kleinere sollte der von Rapunzel gewesen sein – und die Felsenkirche und alte Städte. Der Löwe-Papi hatte ja viel erzählt. Ernst wollte diesen Pranger sehen und ganz fürleicht auch mal seinen Hals da in dieses Eisen reinstecken – das muss jetzt der Löwe-Papi ohne ihn machen, denn Ernst schläft und schläft …

Das war eine wunderschöne Ferienwoche. Tolles Wetter hatten wir auch, ganz anders als angesagt gewesen ist. Wir haben gefüllte Klöße gegessen und das Kupferbergwerk besichtigt und die Schmuckfabrik, wir waren beim Klassentreffen und beim großen Familienfest – und gewandert sind wir auch.

Aber schließlich geht eine lange Woche auch mal zuende. Als die Mami einpackt, wacht Ernst auf und fragt, ob sie auspackt. Und ob schon Morgen ist. Ernst, es ist sogar schon mehr als über- übermorgen. Wir reisen gleich zurück nach Hause.

Ach?!!

Wir hatten noch eine schöne Heimfahrt. Wir haben ein stundenlanges Hörbuch gehört und hatten viel Spaß, nicht, weil die Mordgeschichte so gut war, sondern weil sie so schlecht war. Und als wir wieder im Norden ankamen, da hatten dort auch alle Bäume Herbstkleider an.

Ernst hat immer noch mal gegähnt und gesagt, er fühlt sich riesig ausgeschlafen und sehr erholt. Und das ist ja wohl der Sinn des Urlaubs!

Glücksfaktor: Durchschlafen können …

 

 

 

 

 

 

 


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