„Jetzt kommt das Alter. Da kann man eben nichts machen. Es geht auf das Ende zu. Das muss man sich klar machen. Vieles geht nicht mehr. Man kann zum Beispiel nicht mehr tanzen.“
„Sie können nicht mehr tanzen?“
„Ja, doch, im Moment noch. Aber es ziept. Also noch nicht. Aber es wird ziepen. Da kann man eben nichts machen. Und dann kommen diese ganzen Krankheiten!“
„Was für Krankheiten?“
„Die man nun mal in meinem Alter bekommt. Altersbedingte. Gelenke werden ersetzt. Da kann man eben …“
„Aber noch tun Ihre Gelenke nicht weh?“
„Hm. Doch, manchmal schon. Das ist im Alter so.“
„Meine Gelenke taten schon immer mal weh, seit ich zwölf bin. Das kommt und geht …“
„Ja. Nein. Aber im Alter ist das … Das ist so. Und man vergisst alles. Das werden Sie eines Tages auch noch merken, wenn Sie älter sind.“
„Ich war schon immer schusselig, seit ich denken kann. Das wird langsam etwas besser. Wie alt sind Sie denn, wenn ich fragen darf?“
„Ja, was schätzen Sie denn? Ich werde ja oft … An guten Tagen… Also ich bin einundsechzig.“
„Schön, na und? Ich bin zwei Jahre älter.“
„Sie?! Nein! Ach, kommen Sie!“
„Danke, danke. Wollen Sie meinen Führerschein sehen?“
„Ogott, wirklich! Da haben Sie aber Glück, gell. Gute Gene wahrscheinlich, gutes Bindegewebe. Das hätte ich nicht geglaubt.“
„Ich glaub’s auch nicht. Das ist der Trick. Alter ist eine Glaubenssache. Die Großmutter meiner Freundin ist Fahrrad gefahren, bis sie 94 war, also bis zu ihrem Tod. Meine Mutter hatte einen sehr schönen jungen Geliebten, als sie selbst Mitte siebzig war.“
„Was?! Nein, hören Sie auf. Ach, die Liebe, ja. Das ist vorbei. Das muss man sich abschminken. Da ist vielleicht noch Freundschaft möglich. Mehr will man ja auch nicht. Also, mehr darf man ja gar nicht wollen …“
„Tatsächlich? Ich hab vor ein paar Monaten noch einmal geheiratet, und das ist weiß Gott nicht nur freundschaftlich, erfreulicherweise!“
„Was Sie nicht sagen. Vor ein paar Monaten? Entschuldigen Sie, ich glaube, Sie machen etwas falsch, wenn ich das sagen darf.“
„Falsch? Was denn?“
„Sie stehen nicht zu Ihrem Alter!“
Glücksfaktor: Zeitlosigkeit
2 Antworten zu “Freiwillig in die Schublade”
Bin aus gegebenem Anlass in Sachen Alter unterwegs und kann nur staunen: Die Hälfte der ganzen Tristesse findet ausschließlich im Kopf statt, befördert auch gesellschaftliche Vorurteile. Dass es auch anders geht, beweisen viele neue Role-Models und Botschafter, etwa Greta Silver oder Dagmar Hirche. Neues Motto: „Das Alter soll Freude sein, keine Last“. Dagmar, du hast dieses eingeübte Runtermachen dieser Lebensphase in deinem fiktiven Dialog wunderbar eingefangen (und bist ja selber eine Role-Model). Weiter geht’s!
Hägar der Schreckliche hat gesagt: Ich bin nicht mehr so jung, wie ich mal war. Aber ich bin bestimmt noch nicht so alt, wie ich mal sein werde …