anzuzetteln ist unmöglich, habe ich gelernt. Daraus ergeben sich nur unbedeutende und wenig intelligente Kontakte.
Zugeraten haben mir einige Mitmenschen wohlwollend aus folgenden Gründen: Du kannst deine literarischen Erzeugnisse, vor allem deinen Blog, ein wenig bekannter machen. Dazu taugt so ein Forum. Aber sei dir bewusst, dass diese sogenannten ‚Freunde‘ nicht wirklich welche sein können. Das funktioniert nicht.
Ich fand es von Anfang an recht amüsant und versuchte manchmal, davon zu erzählen: „Bist du auch auf Facebook? Möchtest du nicht auch – ?“
Nein, waren sie nicht und wollten sie nicht. Gotteswillen. Die Liste der Gegenargumente war lang. Sehr häufig kam: Ich hab schon genug um die Ohren, das ist mir zu zeitaufwendig – oder: Die wollen uns nur ausspionieren! (Was ’sie‘, wer immer das ist, mühelos über jedes Handy schaffen, meiner Ansicht nach.) Über eins waren sich jedoch alle einig: „Das sind doch keine echten Beziehungen!“
Wieso eigentlich nicht? Brieffreundschaften über Kontinente und Jahre hinweg, auf Papier mit der Gänsefeder, galten durchaus als echte Beziehungen. Was ist an Elektronik eigentlich so billig und oberflächlich, wie immer getan wird?

Hätte ich den Löwen auch ohne Facebook kennengelernt? Wer weiß. Wir sind vor vielen Jahren fast zeitgleich einige Wochen in Italien herumgewandert, beide allein. Ich war ein paarmal in Köln, als er dort wohnte. Wir haben mehrere Buchmessen in Frankfurt besucht und eventuell nebeneinander an einem Stand einer Lesung gelauscht oder Kaffee getrunken. Doch wie nahe wir uns vielleicht auch gewesen sind, wir haben uns nicht wahrgenommen. Schließlich hat er, ganz konkret, mein Foto auf Facebook gesehen und meine ‚Freundschaft‘ angefordert.
Lore gehört fast zur Familie, auch, wenn sie nachtaktiv ist und meistens ganz woanders auf Reisen. Wir haben uns aber schon mehrmals getroffen und besonders Ernst hat sie sehr lieb, denn sie besitzt Sinn für Teddys. Sie strickt bei Bedarf Einzelteile in HSV-Farben für ihn.
Klaus ist Tierarzt, sehr gescheit (er hat ein tolles Buch geschrieben), ziemlich ironisch und ein guter Freund. Tatsächlich gehört er zu den Menschen, an die ich mich wenden würde, wenn kein anderer da ist und ich nicht weiter weiß. Ich vertraue ihm.
Alex ist ein Mädchen, sehr schön, dunkelblond, mit großen grünen Augen und erstaunlich bescheiden. Sie besitzt zwei unbekleidete Miezekatzen. Ich weiß nicht so sehr viel über sie, aber ich freue mich, immer mal was von ihr zu lesen und empfinde, dass wir sehr häufig übereinstimmen.
Nizar lebt in Thunesien und hat es alles andere als einfach. Wir schreiben uns auf Englisch. Er wollte nach Europa auswandern, aber seine Großmutter, die kurz vorher starb, ist ihm in einem Traum erschienen und hat ihm abgeraten. Nizar hat mir mal eine herrliche gestrickte braune Jacke mit Kapuze geschickt, ich ihm ein ganzes Paket verschiedener Schokolade. Ich bete seit einer Weile für ihn und vergesse das nie. Er kann es brauchen.
Ewa ist mir noch nie begegnet, aber ich weiß, dass sie warmherzig ist, zurückhaltend und das, was man früher mit großem Respekt ‚eine Dame‘ nannte.
Und dann Robert! Der lebt in Österreich, was auch ganz schön weit weg ist, aber im Lauf der letzten drei Jahre ist er zu einem richtig, richtig guten Freund geworden. Er bringt fast immer meine Blog-Ankündigungen auf seiner Seite und hat mir zu einem meiner Bücher eine zauberhafte Rezension geschrieben.

Kann mir bitte jemand erklären, was an Freundschaften besser sein soll, in denen ich irgendwelche Menschen treffe, mit denen ich Klatsch austausche oder mit denen zusammen ich shoppen gehe?
Glücksfaktor: Vertrauen, auch in Sachen, die von vornherein als schädlich oder minderwertig bezeichnet werden.