Haben wir eigentlich gerade die vier apokalyptischen Reiter zu Besuch?


Könnte doch sein, oder?

(Hier sind sie porträtiert von Albrecht Dürer.)

Woher kommen die Jungs? Aus der Bibel. 

Wer hat sie beobachtet und davon berichtet? Ein Johannes, Jochanan. Möglicherweise einer der Apostel, der in seinem eigenen Evangelium etwas verschämt von sich selbst spricht als: ‚Der, den Jesus liebte‘. Jedenfalls glaubte man eine Weile, das sei derselbe.

Origenes, ein christlicher Gelehrter des 2. Jahrhunderts aus Alexandria, war sogar ganz überzeugt: „Johannes, der an der Brust Jesu gelegen, schrieb die Apokalypse.“

Valentin de Boulogne malte den jungen Mann im 17. Jahrhundert auf seinem Gemälde ‚Das letzte Abendmahl‘, gekuschelt zwischen gebratener Flunder und dem Meister. (Der Jünger Johannes ist auf sämtlichen Bildern immer der einzige, der glattrasiert aussieht.)

Inzwischen sind Wissenschaftler der Sache an den Pelz gegangen und haben rausgefunden: Kann  gar nicht derselbe sein! Schon seit dem dritten Jahrhundert waren die Forschenden da sehr skeptisch. Aus der Eschatologie und der Ekklesiologie – wie bitte – ? also aus verschiedenen religionswissenschaftlichen Betrachtungsweisen ergibt sich eine große Diskrepanz zwischen dem bartlosen Lieblingsjünger und dem Johannes, der seine Offenbarung schilderte.

Ist ja eigentlich auch Banane. Gezeigt werden jedenfalls die fürchterlichsten Katastrophen, alles bricht aus den Fugen, die Verstockten und Ungläubigen bleiben – wie Menschen so sind – trotzdem erstmal verstockt und ungläubig. 22 Kapitel lang geht die Welt unter nach allen Regeln der Kunst, bevor endlich Frieden ist: ein Neuer Himmel und eine Neue Erde und die Guten bleiben übrig. Diese Offenbarung quillt über von Symbolen, an denen man jahrelang herumdeuten kann. Was nicht wenige Geisteskünstler auch getan haben. Darüber hinaus ist sie poetischer als die meisten anderen Weltuntergänge.

Am bekanntesten dürfte der Anfang sein, eben der Auftritt der vier Reiter. Auch für sie gibt es inzwischen die unterschiedlichsten Deutungen. (Hier noch einmal 1887 gemalt von Wiktor Wasnezow)

Sie kommen auf verschiedenfarbigen Pferden, einem weißen, einem roten, einem schwarzen und einem ‚fahlen‘. Fahl, griechisch chloros, ist ungefähr blasses Gelbgrün. Der Teint von jemandem, der lange krank ist. Kein Leben mehr drin.

Der erste Reiter, der auf dem Schimmel, trägt Pfeil und Bogen. Ursprünglich galt er mal als ‚Der Sieger‘, inzwischen bedeutet er Pest oder Seuche.

Der zweite Reiter, auf dem Fuchs, schwingt sein Schwert und steht natürlich für Krieg.

Der dritte Reiter, auf dem Rappen, trägt eine Waage. Damit deutet er das an, was in der Bibel ‚Teuerung‘ heißt, eine Zeit der finanziellen Not – nichts ist mehr wert, was es wiegt. Vielleicht auch sind wir alle gewogen und zu leicht befunden.

Der letzte Reiter, der auf dem fahlen Pferd, wird meistens als Gerippe abgebildet. Auch sein Ross besteht nur noch aus Haut und Knochen. Der Tod kommt da, ein machtvoller, gewaltiger Tod, nicht mehr für jeden einzelnen, sondern für alle auf einmal. Vielleicht steht er jedoch auch, dünn wie er ist, für Dürre?

Weder dieser Johannes, welcher es auch war, noch Bibelübersetzer Luther kannten Worte wie Pandemie oder Inflation oder Klimawandel. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt?

Niemand ahnt, was noch an Viren auf uns lauert.

Dass die Sache mit dem Klima gerade erst zaghaft beginnt, wird immerhin langsam klarer. Wer jetzt noch meint ‚Es hat schon immer heiße Sommer gegeben‘ gehört eventuell zu  den Verstockten und Ungläubigen.

Was sich aus dem Krieg entwickeln kann, werden wir erleben. Offenbar, das ist ein interessantes Faktum, muss er sein, im Verständnis der meisten Menschen. Sowas hatten wir schon lange nicht mehr.

Das mit der Teuerung können wir westlichen Wohlstandsmenschen uns einstweilen noch gar nicht richtig vorstellen. Es sieht so aus, als müssten wir im Winter einen Pullover mehr anziehen, oder? Aber nur, wenn mal wieder ein richtiger Winter kommt. (Immerhin, vielleicht quittiert der Golfstrom den Dienst, dann haben wir Chancen.)

Glücksfaktor: Kein Weltuntergang dauert ewig. Wenn der vorbeigerauscht ist, fangen die echt guten Zeiten an.

 

 

 


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert