Harry-Limes Zittermusik


Am 23. April 1950 wurde die Schallplatte mit dem ‚Harry-Lime-Theme‘ von Anton Karas aus dem Film Der dritte Mann zu einer der meistverkauften Singles in Amerika – zwischen Interpreten wie Nat King Cole oder Frankie Laine.

Diese gemütvolle, biedere, ureuropäische Musik stand für einen Film der Sonderklasse und im grellen Widerspruch zu dem, was optisch ablief: in Schwarzweiß, düster und unheimlich, mit der niederschmetternden Atmosphäre der Stadt Wien direkt nach dem zweiten Weltkrieg, verwüstet und zertrümmert. Die Stadt zerteilt wie ein Pfannkuchen in fünf Teile unter die vier Siegermächte. Der fünfte Teil, in der Innenstadt, wurde von den Besatzern abwechselnd kontrolliert.

Die Besiegten krabbeln in den Ruinen herum, betreiben verbotene Schwarzmarktgeschäfte und wuseln bei Razzien davon wie die Ratten. 

Einzig intakt geblieben ist die Unterwelt von Wien, das weitverzweigte Kanalisationsnetz. Hier versteckt sich der Böse, nämlich Harry Lime, ein Amerikaner ohne Gewissen, der Geschäfte machte mit gepanschtem Penicillin. Gespielt wurde er von dem gigantischen Orson Welles, der mit seinem rundlichen Gesicht, der Stupsnase und den Grübchen ungefähr so harmlos aussieht wie die Zittermusik – wenn nicht die intelligenten, gefährlich glitzernden dunklen Augen wären …

Glücksfaktor, ein weiteres Mal: Großartige alte Filme!

 


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