
Im Radio höre ich heute morgen den Wetterbericht. Die Sprecherin erklärt, es werde warm, sehr warm, und: „Einige kleine Quellwolken – aber keine Angst: es wird ganz bestimmt nicht regnen!“
Das hab ich schon öfter gehört.
Keine Angst? Was tut Regen? Er verletzt doch nicht.
Zugegeben, dieser Sommer hätte hier bei uns mehr Sonne und Wärme haben können – aber deshalb Angst vor Regen? Als wäre er gefährlich und gesundheitsschädlich?
Die Natur hat normalerweise eine Menge für Wasser übrig.
Ich besitze mehrere Mäntel mit Kapuzen und eine Sammlung schöner, verschiedenfarbiger Schirme.
Ich liebe es, bei Regen spazieren zu gehen.
Es ist nicht einfach nur so, dass es mir nichts ausmacht.
Vielmehr mag ich Regen wirklich besonders gern. Vielleicht rein zufällig sind mir immer bei Regen besonders schöne Dinge passiert. Das Regenfach in meinem Gemüt ist voll angenehmer Erinnerungen…
Wir neigen dazu, eine Meinung zu haben.
Es handelt sich dabei um einen unwillkürlichen Reflex, der nur schwer zu unterdrücken ist.
Wir urteilen, kaum, dass wir etwas gesehen oder von etwas gehört haben.
Wir ordnen es ein, in gut oder böse, brauchbar oder überflüssig, erfreulich oder unangenehm. Oft ist das einfacher, wenn wir über den betreffenden Faktor gar nicht so viel wissen – genauere Kenntnis trübt das Vorurteilsvermögen.
So wissen wir, dass der Wolf böse ist (er ist kein Vegetarier) die Schlange heimtückisch (warum macht sie bei der Fortbewegung keinen gebührenden Lärm?) und der Schmetterling leichtsinnig und oberflächlich (flattert rum und lutscht an immer neuen Blüten).
Im Vorurteil treffen wir uns mit vielen Anderen, die ebenfalls keine Ahnung haben, aber eine Meinung.
Das bewirkt ein angenehmes Gefühl von Zusammengehörigkeit…
Eine Enttäuschung, heißt es, sei etwas sehr Positives: das Befreien von einer Täuschung.
Komischerweise fühlen wir uns nach einer Enttäuschung trotzdem meistens nicht besonders gut.
Schön, wir sind der Wahrheit näher gekommen. Wir wissen, für einen bestimmten Bereich, wie es wirklich ist. Können wir jetzt tief durchatmen und breit lächeln?
Meistens nicht.
Es fühlt sich kein bisschen gut an, enttäuscht zu werden. Es hat die Qualität von einem wunderbaren, duftenden, hoch aufgebäumten Soufflé, das uns einen Moment mit Glück und Stolz erfüllt, wenn es aus dem Ofen kommt – um dann zu einer platten, unscheinbaren Angelegenheit zusammenzusinken.
Dieses abgesackte Soufflé mag die Wahrheit sein, deshalb ist es trotzdem hässlich.
Es gibt eine gute Methode, Enttäuschungen zu vermeiden: man darf nichts erwarten.
Dann bleibt der Schmerz aus, wenn sich Erwartungen nicht erfüllen.
Vielleicht sollte man auch nur Negatives erwarten. Folgt dann eine Richtigstellung, kann sie nur angenehm sein.
Nach dieser Devise leben wirklich manche Menschen. Sie erwarten überhaupt nichts – oder nur das Fiasko.
Es ist selten erfreulich, mit ihnen zu tun zu haben…
Heimweh, haben wir gelernt, ist ein typisch deutsches Wort, und vielleicht sogar ein besonders deutsches Gefühl.
Und Fernweh? Ist das auch typisch deutsch?
Diese ganze Sehnerei, die darauf hinausläuft, nicht hier bleiben zu wollen, sondern unbedingt woanders zu sein?
Ich weiß, ich habe bestritten, daran zu leiden.
Aber manchmal beutelt es mich doch…
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