Hoffnung


Kürzlich hatte ich ein längeres Gespräch mit einem Freund, der viele kluge Sachen erzählte und das meiste gefiel mir ausnehmend gut.

Aber es war ein Faktor dabei, der mich unangenehm berührte – darüber komme ich nicht hinweg, es beschäftigt mich seit Tagen. Er hielt nämlich überhaupt nichts vom Begriff Hoffnung. Für ihn schien sie die Bedeutung von passivem Abwarten zu besitzen. Etwas wie eine lähmende, täuschende, indifferente Emotion, die Aktivität verhindert.

Für mein Empfinden ist das gegenteilig. Ohne Hoffnung auf einen günstigen Ausgang fehlt mir jede Lust, überhaupt zu beginnen.

Die Hoffnung ist die Schwester der Liebe und des Glaubens. Alle drei irrational, nicht anzufassen und nicht zu beweisen. Glaube vor allem ist eine überaus verpönte Sache, weil mit Religionen soviel haarsträubender Unsinn begründet wird und so viel Unrecht geschieht – woran der Glaube keine Schuld trägt. Er wird nur missbraucht für die Dummheit der Menschen und für ihre Machtgier.

Liebe ist schon populärer, obwohl man auch ihr gern nachsagt, sie verursache nur Kummer und Herzeleid.

Dass Hoffnung etwas Negatives sein soll, habe ich bisher selten gehört. Ich dachte, sie hätte immer noch einen vergleichsweise guten Ruf.

Mein Vater hat mir vor langer Zeit ein kleines Gedicht aufgesagt, das mich damals sehr beeindruckte. Er musste sich anstrengen, es aus seinem Gedächtnis zu kramen und bekam es nur nach und nach und recht verstümmelt zusammen:

Gut verloren – etwas verloren.
Du kannst neu beginnen, es wiedergewinnen.

Freunde verloren – viel verloren. Musst rasch dich besinnen und neue gewinnen.

Hoffnung verloren – alles verloren. Da wäre es besser, nicht geboren …

Viel später fand ich, dass es wohl ursprünglich ein Gedicht von Goethe himself war, etwas anders und mit dem Schluss: MUT verloren. Es meint jedoch dasselbe. Jedes Lebewesen braucht ein Ziel, eine Perspektive. Die Pflanze, die in der Finsternis keimt, wendet sich sofort in die Richtung des kleinsten Lichtstrahls.

Man sagt von der Hoffnung, sie stirbt zuletzt. Dann ist es wirklich dunkel.

Ich möchte so wenig ohne Hoffnung leben wie ich ohne Glauben oder ohne Liebe leben möchte.

Und ich bin ganz überzeugt davon, dass Hoffnung ein Glücksfaktor ist!


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