Ich hab eine Waschmaschine


Sie ist schmal und zierlich und passt hervorragend in mein kleines Badezimmer – ich selbst bin ja auch nicht  riesig.

Als der türkische Elektrohändler sie mir im letzten Sommer verkaufte, war ich richtig glücklich. Er schleppte sie mit seinem Gehilfen die Treppen hoch (ich hatte ihm am Telefon beteuert, ich sei ein schwaches Weib ohne männlichen Beistand und wenn er die Maschine im Erdgeschoss abstellte, wie angekündigt, müsste ich im Erdgeschoss waschen. Ich wohne allerdings im zweiten Stock.)

Oben angekommen, konnte der Händler nicht mehr viel sagen, nur mit den Augen kullern. Wenn die Maschine auch zierlich ist, wiegt sie doch so dies und das. Immerhin hatte er mir bereits am Telefon vermittelt, das Gerät sei auf dem neuesten Stand: sie könne Fehler selber entdecken und anzeigen.

Ich halte das inzwischen für wenig wünschenswert. Waschmaschine ist viel zu sensibel. Sie vermutet Fehler in sich, wenn sie nur ein bisschen schlecht geschlafen hat oder das Wetter wechselt. So was fühlt unsereiner auch, ohne viel drum her zu machen. Waschmaschine muss drüber reden.

Ich möchte eine kleine Ladung Buntwäsche zu 30° gewaschen haben und das bitte in kürzester Zeit. Anstatt dem nachzukommen, beginnt Waschmaschine, zu blinken. Ich kann ihr ansehen, dass sie sich selber beobachtet, misstrauisch und sorgenvoll. Dann vertraut sie mir an, sie fürchte, ein wenig an Fehler 40 zu leiden. 

Ich sage: „Liebes Kind, Fehler 40 hattest du vielleicht mal und deine Elektronik erinnert sich daran. Augenblicklich hast du keinen Fehler. Es geht dir großartig. Du hast selten so gut ausgesehen!“

Darauf ist sie beleidigt und geht aus. Ich stelle sie wieder an, um zu erfahren, jetzt könne sie unmöglich waschen. Aller Wahrscheinlichkeit nach sei sie ein Opfer von Fehler 91. Es wäre furchtbar gefährlich, in diesem Zustand zu waschen.

Laufe ich deshalb in schmutzigen Sachen herum und serviere auf fleckigen Tischtüchern? Nein. Meistens besinnt sie sich nämlich. Sie braucht einfach dieses Anfangs-Geplänkel. Spätestens, wenn ich damit drohe, die Wäsche wieder aus ihrem Bauch zu holen und  bei einem Freund zu waschen – oder wenn ich das Gespräch abbreche und sie alleine lasse – höre ich nach einer Weile leises Dröhnen und Wassergeriesel. Jetzt wäscht sie, und zwar tadellos.

 

Übrigens besitzt mein Auto ein ähnlich delikates Seelenleben. Er (es handelt sich um ein Männchen) quasselt auch ständig von irgendwelchen Fehlern, die er in sich zu spüren glaubt. Dazu piepst er nervenaufreibend. Neulich war er zwei Wochen lang unbelehrbar überzeugt davon, sein Reifendruck sei etwas unregelmäßig. Davon konnten ihn auch wiederholte Überprüfungen des Reifendrucks (ohne Ergebnis) nicht abbringen. 

Ich las kürzlich einen Artikel, in dem davor gewarnt wird, dass die  Elektronik zuviel weiß. Dem kann ich nur zustimmen. Vor allem macht sie sich zuviel Gedanken …


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