Juliane von Sachsen-Coburg-Saalfeld


starb am 15. August 1860 im damals ziemlich gesegneten Alter von 78 Jahren. Sie war mit dem Bruder des Zaren verheiratet gewesen – und von ihm geschieden worden. Anschließend bekam sie, offenbar in aller Ruhe und ohne deswegen angefeindet zu werden, drei uneheliche Kinder von mindestens zwei verschiedenen Männern.

Nachdem wir alle gelernt haben, dass Damen (vor allem solche des hohen Adels!) in den vergangenen Jahrhunderten unterdrückt, gequält und von Sittengesetzen geduckt lebten, ist das bemerkenswert.

Juliane muss eine interessante Frau gewesen sein, unkonventionell, temperamentvoll und zweifellos sehr charmant (sie war in der Waage geboren, ein Venuskind).

Katharina die Große, Zarin von Russland, suchte 1795 an deutschen Fürstenhöfen – sie stammte ja  selbst aus so einem – für ihren zweitältesten Enkel Konstantin nach einer Frau.

Am 12. August dieses Jahres packte die Herzogin von Coburg deshalb ihre drei Töchter ein, die siebzehnjährige Sophie – die sechzehnjährige Antoinette –

und die kleine Juliane, dreizehn Jahre alt, vielleicht mehr zur Gesellschaft für die Schwestern.

Es muss so ähnlich gewesen sein wie etwas später bei der Brautschau der Bayrischen Prinzessin Helene, der vom jungen Kaiser Franz kein Blick mehr geschenkt wurde, sobald er ihre fünfzehnjährige Schwester Sissi erblickte. Ob es tatsächlich der Vorteil extremer Jugend war – oder eine faszinierende Persönlichkeit? In jedem Feld- Wald- und Wiesenmärchen ist immer die jüngste Königstochter die schönste und begehrenswerteste.

Auf jeden Fall stiefelte auch der Zarennachwuchs Konstantin an den älteren Herzogs-Töchtern vorbei und verknallte sich aus Leibeskräften in die kleine Juliane. Die da – und keine andere!

Sophie und  Antoinette wurden mit der Mama nach Hause geschickt, Juliane gleich dabehalten und zur russischen Großfürstin umgenudelt. Sie konvertierte zum russisch-orthodoxen Glauben, das war Bedingung, und erhielt einen neuen Namen: Anna Feodorowna. Zunächst mochte sie übrigens ihren zukünftigen Gatten, den blonden, kurznasigen Konstantin, noch recht gern. 

Im Februar 1796 fand die große Hochzeit statt. Inzwischen war Juliane (oder Anna F.) immerhin vierzehn. Es dauerte nicht lange, und ihr wurde bewusst, dass sie einen ausgesprochen  interessanten Charakter geheiratet hatte. Ein begabter und großartiger Krieger ohne Zweifel – er zeichnete sich später unter anderem bei der Völkerschlacht bei Leipzig gegen Napoleon aus – aber im Privatleben ein Quadratekel. Über Konstantin gibt es viele haarsträubende Geschichten und sogar Lieder, zum Mitgrölen in der Kneipe geeignet. Er war gewalttätig bis zum Sadismus, er stellte immer wieder mal gern seine Trinkfestigkeit unter Beweis und es gibt einige Geschichten von Vergewaltigungen. 

Obwohl anfangs so entzückt von Juliane, ging sie ihm schnell auf den Senkel. Sie zeigte sich feinsinnig und gebildet, sie ließ ihn irgendwie spüren, dass er sich niveaulos verhielt. Weil ihn das wütend machte, dachte er sich witzige Strafen für sie aus. So umringten beispielsweise eines frühen Morgens Militärtrommler ihr Bett, die das arme Geschöpf mit plötzlichem Heidenlärm wecken mussten. 

Inzwischen war Oma Zarin, die Große Katharina, gestorben. Ihr ältester Enkel Alexander hatte, nach einer kurzen Regierungszeit seines Vaters, den Thron bestiegen und war seiner kleinen Schwägerin Juliane offenbar ein Herzenstrost. Alexander, größer, attraktiver und zweifellos feinsinniger als sein kleiner Bruder, entsprach in jeder Beziehung mehr dem, was Juliane von einem Mann erwartete.

Vermutlich verdankte sie es ihm, dass Konstantin mit seinen Scherzen nicht zu weit ging. Trotzdem wurde ihre Ehe mehr und mehr zum Desaster. Im verflixten siebten Jahr, immer noch kinderlos, jetzt Anfang zwanzig, rückte sie aus. Sie verließ (mit ausdrücklicher Erlaubnis des Zaren) den russischen Hof und zog zunächst nach Deutschland. 1802 und 1808 bekam sie je ein Söhnchen, von denen allgemein angenommen wird, ihr Schwager, der Zar, sei Schuld an deren Existenz. Er war halt nicht nur feinsinnig, sondern auch ein Frauenfreund und ziemlich reproduktiv. Alexander hatte neun anerkannte uneheliche Kinder, die nicht anerkannten passten in kein Zimmer. 

Julianes Ehe mit Konstantin wurde erst 1820 geschieden. Auf jeden  Fall erhielt sie die ganze Zeit großzügige Geldzuwendungen vom Zarenhof. Sie kaufte sich ein reizendes kleines Schloss in der Schweiz bei Bern und bekam von einem brünetten, eleganten Gynäkologen namens Schiferli im Jahr 1812 noch ein Töchterchen.

Nichtsdestotrotz geehrt und respektiert hielt sie in ihrem Schlösschen Hof. Diplomaten und die gesamte bessere Gesellschaft Berns besuchten sie anstandslos. Offenbar erfreute sie sich trotz allem des besten Rufs. Sie reiste viel und genoss offenbar ihr Leben. Auf einem Porträt, das 1848 gemalt wurde (da war sie bitte 66 Jahre alt!) sieht sie immer noch ganz reizend aus.

Glücksfaktor: Zu allen Zeiten geschehen immer wieder Wunder …

 

 

 

 

 

 


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