June Allyson wurde am 7. Oktober 1917 geboren


 

unter dem Namen Ella Geisman, mitten in der Bronx, nicht unbedingt dem elegantesten Stadtteil von New York. Ihre Eltern waren deutsche Emigranten. Ihr Vater, ein Alkoholiker, ließ die Familie im Stich, als die kleine Ella ein halbes Jahr alt war. Mutter Geisman schlug sich als Kassiererin und Telefonistin durch, um einigermaßen über die Runden zu kommen und lud Ella bei den Großeltern ab.

Als Ella acht war und mit ihrem Hündchen auf einem Kinderrad unterwegs, brach über ihr ein Ast ab, schlug das Hündchen tot und brach ihr die Schädeldecke sowie das Rückgrat. Die Ärzte prophezeihten, das Kind würde nie wieder laufen können. Sie verbrachte vier Jahre in einer Art Stahlkorsett, im Rollstuhl – und im Kino, um sich von dem ganzen Jammer abzulenken. Da sah sie immer wieder Ginger Rogers und Fred Astaire. Die kleine Ella wollte nicht nur wieder laufen – sie wollte auch tanzen. Die Aussichten dafür schienen miserabel.

Aber dann passierten zur Abwechslung einige positive Dinge. Mutter Geisman heiratete einen sehr netten Mann mit etwas mehr Geld. Ella machte eine Schwimm-Therapie, konnte zunächst vom Rollstuhl auf Krücken umsteigen und bald darauf wieder ohne Hilfe umhergehen. Ein Jahr später begann sie, Tanzunterricht zu nehmen. Sie wollte auf die Bühne. Sie wollte auf die Leinwand! Die Zukunft sah plötzlich rosig aus.

Dann starb ihr Stiefvater und mit ihm seine Einnahmen. Die Zukunft schien beinah so trostlos wie vorher. Die kleine Ella (sie wurde zeitlebens nie größer als 1.55 und erklärte, es sei wenig amüsant, entweder Genickstarre zu bekommen oder die Gürtelschnallen der Männer zu betrachten) verließ die Schule vorzeitig, um durch Tanzengagements zum Haushaltsgeld beizutragen. Für ihren ersten Auftritt als Stepptänzerin bekam sie 60 Dollar die Woche. Das war 1937.

Fünfzehn Jahre später, Mitte der 50er, war sie der beliebteste Filmstar Hollywoods. Durchaus keine Schönheit, aber recht hübsch – sie sagte über sich selbst: „Ich hab große Zähne und ich lispele. Meine Augen verschwinden, wenn ich lächle. Meine Stimme ist ulkig … “ – war ihre Wirkung ungemein liebenswert. Die ulkige Stimme, ziemlich tief und etwas heiser, mehr noch die Art, wie sie redete, guckte und agierte, das alles war unwiderstehlich.

Sie war das typische ‚Mädchen von nebenan‘, falls es jemals eine derart nette Nachbarin gegeben hatte. Strahlend oder nachdenklich, patent, witzig bis selbstironisch, warmherzig und doch: durchaus sexy. Sie besaß eine höchst sinnliche Unterlippe.

Der Riesenerfolg, der Starruhm, den sie sich erträumt hatte, wurde ihr tatsächlich gegeben. Ihr Privatleben blieb teilweise etwas schwierig. Sie war viermal verheiratet (mit drei Männern). Von ihrem ersten Mann ließ sie sich beinah scheiden, nachdem sie fast mit seinem Friseur durchgebrannt wäre – verzichtete jedoch auf beides, wurde bald darauf Witwe und bekam schwere Depressionen, die sie in Alkohol zu ertränken versuchte. Schließlich heiratete sie den Friseur doch, ließ sich nach zwei Jahren scheiden, heiratete ihn im Jahr darauf wieder und ließ sich vier Jahre später wieder scheiden. Am Ende und bis zu ihrem Tod war sie die Ehefrau  eines netten, ruhigen Hollywood-Zahnarztes, dem ersten brünetten Gatten übrigens, eigentlich gefielen ihr blonde Herren besser.

Es wurden ihr zahlreiche Affairen mit beachtlichen Männern nachgesagt (siehe Unterlippe) unter anderem mit John F. Kennedy, was inzwischen niemand mehr wundert, seit rauskam, dass er mit der weiblichen Hälfte aller Hollywood-Stars in der Kiste war. Und Kennedy war auch blond.

Am Ende ihres Lebens wirkte das sympathische, unwiderstehliche Mädchen von Nebenan eigentlich recht zufrieden. June Allyson wurde 88 Jahre alt.

Glücksfaktor: Nicht unbedingt glauben, was Ärzte sagen.

 

 

 

 

 

 


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