London Bridge is not yet down


Unsere Elbe hält sich ja einigermaßen zurück, bleibt hübsch im Hafen und überlässt es der Alster, Hamburg optisch ansprechend zu umwässern.

River Thames, die Themse, fließt breit und frech mitten durch Londons City und benötigt deshalb etliche sehr lange Brücken, um den urbanen Verkehr fließen zu lassen, quer zum Fluss.

Wer ‚London Bridge‘ hört, der stellt sich unwillkürlich ein Bauwerk mit trutzigen Türmen vor – das ist falsch; bei dem Ding handelt es sich um die Tower-Bridge. Die London Bridge aus schlichtem Beton sieht dagegen eigentlich (inzwischen) ziemlich unspektakulär aus.

Foto: ChiralJon

Gleichwohl ist sie die Älteste von allen – wirklich furchtbar alt. Na gut, nicht ganz sie selbst, aber ihre Vorgängerinnen. Die erste entstand so etwa im Jahr 46, war aus Holz und wurde natürlich von den Römern, den damaligen Besatzern Britanniens, gebaut. 

König Aethelred ließ sie 1014 niederbrennen, um dem bösen Eroberungs-Wikinger Sven Gabelbart den Zutritt zu erschweren. Etwa 80 Jahre später zerstörte ein Unwetter, und 1136  ein weiterer Brand die Brücke. Was beweist, dass sie jedesmal wieder neu erbaut worden war.

König John Lackland, der unnütze kleine Bruder von Richard Löwenherz, eröffnete die erste  steinerne Fassung der Brücke. Er hatte dann den Einfall, Mietshäuser darauf zu errichten.  

Lange Zeit, durch Jahrhunderte hindurch (bis man die Westmindster Bridge 1750 eröffnete), bog sie sich stolz als einzige Brücke Londons über den Fluß. Vom 12. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zeigte sie sich mit mehrstöckigen Häusern und Ladengeschäften dicht bebaut.

Im Mittelalter hatte sogar ein Lanzenturnier auf der London Bridge stattgefunden! Seit dieser Zeit  auch schmückten immer wieder auf Holzstangen aufgespießte Köpfe von Übeltätern oder Verrätern die Brücke. (Manche der Kopfbesitzer, wie Thomas More, sind inzwischen Heilige.) 1595 berichtete ein deutscher Tourist beeindruckt von mehr als 30 Köpfen, die auf der London Bridge vor sich hin verwesten.

Konig Charles II. räumte 1660 bei seinem Regierungsantritt mit dieser malerischen Sitte auf, da ihn die Deko zu schmerzlich an seinen – vom Volk geköpften – Vater erinnerte.

Weil’s so lange keine weitere Brücke von einem Stadtteil in den anderen gab, verstopfte der ungeordnete Wagen-, Karren- und Kutschenverkehr schließlich derart die Straße zwischen den Häusern, dass der Bürgermeister von London 1722 eine neue Anordnung erließ: Alles, was Räder hatte und aus Southwark Richtung City unterwegs war, musste auf der Westseite fahren. Wer in entgegengesetzter Richtung rollte, der bitte auf der Ostseite. Was den Engländern so gut gefiel, dass sie bis heute beim Linksverkehr geblieben sind.

Mit dem Ende des 18. Jahrhunderts wurde die Brücker wieder einmal erneuert. Immerhin war sie in dieser Form inzwischen 600 Jahre alt, zunehmend baufällig und zu eng. Im August 1831 war sie fertig, ein Stückchen neben der alten, die nun abgerissen wurde. Sie bestand aus Granit und war fast 16 Meter breit.

Weil London sich jedoch weiter bevölkerte, reichte das nach kaum hundert Jahren wieder nicht. Man verbreiterte die London Bridge im Jahr 1904 um vier Meter.

Jetzt knarrten allerdings die Fundamente: Leider sank die Brücke etwas unregelmäßig in den Fluß, langsam, aber sicher. 1924 lag die Ostseite vier Zoll tiefer im Wasser als die Westseite.

Um es kurz zu machen: Das Band vor der derzeitigen London Bridge schnippelte Königin Elizabeth II. im März 1973 durch. Sie besteht aus Beton – also die Brücke – und besitzt eine Breite von 32 Metern. Eigentlich könnte man schon wieder Häuser drauf bauen. 

Wer weiß, wie lange sie hält und aus welchem Material sie (if men are still alive) in hundert Jahren sein wird? Seit 1659 singen englische Kinder:

London Bridge is falling down,
Falling down, falling down.
London Bridge is falling down,
My fair lady …

Im Prinzip kann man davon ausgehen, dass sie wieder aufgebaut wird.

Aber! Es gibt noch einen weiteren interessanten Aspekt zu dieser überaus zählebigen Brücke und der heißt Operation London Bridge.

Dies ist der Codename für den Fall, dass die Queen doch sterblich sein sollte und eines Tages dem Ruf ihrer Ahnen folgt. Seit den 60er-Jahren wird der Plan immer mal überarbeitet und den Verhältnissen angepasst. Auf jeden Fall gibt er vor, wie es im englischen Königreich zugehen wird, falls dieser Trauerfall eintritt. Das betrifft bitte nicht nur die Boulevardpresse, sondern die gesamte Regierung, den Polizeiapparat, die britischen Streitkräfte und die königlichen Parks. 

Hört der Premierminister den Satz ‚London Bridge is down!‘ durch das Telefon, dann weiß er, was los ist. Eine Riesenmaschinerie läuft an, alle BBC-Kanäle krempeln sofort ihr Programm um und spielen zum Beispiel ’sanfte Musik‘, die Flaggen sinken ein Stockwerk tiefer. Die Times, Sky News und so weiter holen den immer mal wieder überarbeiteten Nachruf raus. Das Parlament schwört dem Thronfolger die Treue – und das Staatsbegräbnis wird geplant.

Glücksfaktor: Vorbereitet zu sein …

 

 


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