
hatte einen italienischen Privatsekretär, David Rizzio, der bei ihr in hoher Gunst stand.

Rizzio war nicht nur klug und gut erzogen, er besaß auch riesige, verträumte schwarze Augen, konnte wunderbar die Laute spielen und komponierte romantische Weisen. Die Königin liebte es, mit ihm zu plaudern oder seiner Musik zu lauschen.
Das war ein Herzensbalsam, nachdem ihr gerade klar wurde, dass sie den falschen Mann genommen hatte. Maria war rothaarig, impulsiv und wenig berechnend. Sie verknallte sich maßlos in ihren hübschen, einige Jahre jüngeren Cousin Henry Stuart, Lord Darnley, heiratete ihn Hals über Kopf – und bereute es wenige Wochen später.

Über Lord Darnley lässt sich lobend erwähnen, dass er himmelblaue Augen und eine freche Nase besaß. Was seinen Charakter anging: der fiel weniger attraktiv aus. Er war dreist, dümmlich, anmaßend, neigte zu Gewalttätigkeit und trieb sich gern in wüsten Kneipen herum. (Wo er sich übrigens die Syphilis einfing.)
Als die Königin feststellte, dass sie schwanger war, wusste sie auch, von was für einem Mistkerl. Weshalb der nette italienische Sekretär ihr wohltat.
Eine ganze Reihe schottischer Adliger sah das gar nicht gern. Sie hatten sowieso einiges gegen Maria einzuwenden, vor allem, dass sie katholisch war. Sie erzählten Darnley, seine Frau betrüge ihn mit diesem Lautenspieler.
Vielleicht konnte Henry Stuart sich gar nicht vorstellen, dass Maria und David Rizzio nur geistige Neigung verband. Er ließ sich sofort in ein Komplott verwickeln. Am 9. März 1566 saß die Königin, inzwischen im 5. Monat, mit ihrem Sekretär und einigen Hofdamen in ihren Gemächern beim Essen, als ihr Gatte eintrat, gemeinsam mit dem Rest der Verschwörer. Es entstand ein wildes Getümmel. Henry hielt Maria fest, Rizzio umklammerte ihre Röcke und schrie um Gnade, ihr Mann brüllte, was er von diesem Ehebruch hielt, Maria rief nach ihren Wachen, doch umsonst – der Italiener wurde mit 57 Messerstichen ins Jenseits befördert.

Dadurch wurde die Ehe der Königin von Schottland nicht besser. Zunächst stellte Henry, der gerade Oberwasser hatte, seine Frau unter Hausarrest. Doch dabei empfand er ein gewisses Unbehagen. Es wirkte so, als hätten die mit ihm verbündeten Schotten die Absicht, als Nächstes auch noch Maria zu töten. So weit wollte er nicht gehen. (Und es hätte ihm auch keinen Vorteil gebracht.) Also stellte er sich plötzlich gegen seine Mitverschwörer und befreite die Königin aus ihrer Haft.
Maria Stuart bekam im Juni 1566 ihren Sohn. Da war sie noch nicht ganz zehn Monate lang mit Henry verheiratet, doch sie hatte ihn satt bis obenhin. Er seinerseits ging umher und verkündete, er bezweifle, dass dieses Kind von ihm stamme.
Als der kleine Prinz acht Monate alt war, flog zufällig das Gebäude in die Luft, in dem sein Vater sich gerade befand. Henrys Körper lag unbekleidet im angrenzenden Obstgarten, ohne Verletzungsspuren (außer Würgemalen am Hals), aber mausetot. Die Ehe hatte keine zwei Jahre gedauert. Es wurde nie so ganz genau ermittelt, wer da eigentlich was veranlasst hatte. Doch scheint es ziemlich schlüssig, dass Maria Stuart nicht unbeteiligt am Tod ihres Gemahls gewesen ist.
Auf jeden Fall passte es ihr gut, Witwe zu sein, denn sie war bereits wieder bis über beide Ohren in einen anderen Mann verliebt, in James Hepburn, Earl of Bothwell. Den heiratete sie drei Monate nach Henrys Ermordung, er musste nur noch rasch, in unziemlicher Eile, geschieden werden. Das alles wirkte auf den Betrachter wenig sympathisch, und das schottische Volk begann in dieser Zeit, Maria nachzurufen: „Verbrennt die Hure!“
Trotzdem gehört ihr meistens die Sympathie der Nachwelt. Das Publikum liebt die Leidenschaftlichen, Sinnlichen, Spontanen, auch, wenn sie nur Unheil anrichten. Das Publikum lehnt die Disziplinierten, Pflichtbewussten ab, die ihre Taten berechnen. Sie sind weniger malerisch.
Glücksfaktor: ein ausgewogenes Gemüt.