Mark Twain und die Zensur


Es gibt eine Stelle im berühmten Huckleberry Finn-Roman von Mark Twain, in der einer Lady erzählt wird, dass es auf einem Dampfschiff eine Explosion gegeben habe. Sie ruft erschrocken: „Meine Güte! Irgendwer verletzt?“ Die Antwort lautet: „Nein, gnädige Frau. Nur ein Nigger wurde getötet.“ Worauf sie erleichtert sagt: „Na, das ist ein Glück. Weil, manchmal tun sich Leute dabei weh!“

Um das an dieser Stelle noch einmal zu betonen: Mark Twain war KEIN Rassist, im Gegenteil. Er schrieb das genau so, um auf die Kälte und Überheblichkeit seiner Mitbürger aufmerksam zu machen.

Ungeachtet dieser guten Absicht sind seit 2011 seine Bücher überarbeitet, all die N-Worte wurden entfernt. Das ist politisch korrekt in unserer Zeit. Ich persönlich finde so ein Herumpfuschen in klassischer Literatur barbarisch.

An Astrid Lindgrens Pippi Langstrumpf wurde herumzensiert: Aus Pippis Vater, der ursprünglich ‚Negerkönig‘ war, wurde ein ‚Südseekönig‘.

So werden böse Worte entfernt. Es erinnert mich an die sehr keusche und sittsame viktorianische Zeit, in der man einem Klavier, das im Salon stand, die Beine mit Stoff umrüschte. Denn Menschenbeine galten damals als aufreizend und peinlich, weshalb auch die Holzbeine eines Instruments die Gedanken in falsche Bahnen lenkten. Lieber wurde verborgen und vertuscht.

Erich Kästner, dieser wunderbare Stilist, war der Enkel und Neffe vieler Generationen von Schlachtern. Weshalb er verschiedentlich in seinen Büchern Menschen dieses Handwerks auftreten ließ.

Ich kann mir vorstellen, dass nach dieser Logik in vierzig Jahren, wenn es vielleicht politisch korrekt ist, Veganer zu sein, alle Schlachter aus seinen Werken entfernt werden. Vielleicht macht man Bio-Gärtner daraus.

Aber wie kann man denn einem Kind klarmachen, was früher verkehrt war, wenn dieses Verkehrte vorsichtshalber entfernt wird?

Glücksfaktor: Gesunder Respekt vor der Geschichte …


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