Hierbei handelt es sich um einen Schutz der Gesellschaft vor Infektionskrankheiten. Tiere, Pflanzen oder Menschen werden für bestimmte Zeit isoliert, also weggesperrt, um niemanden anzustecken.
Ursprünglich dauerte diese Isolation 40 Tage, daher der Name: Quaranta Giorni. Das ist italienisch, die Italiener haben’s gewissermaßen erfunden. Im 14. Jahrhundert gebot man in Venedig der Besatzung einfahrender Schiffe, derart lange nicht an Land zu gehen – um sich die Pest vom Hals zu halten, die eventuell Passagier sein mochte.

Die 40 ist eine tiefsymbolische, immer wiederkehrende Zahl im Christentum. Unter anderem dauerte die Sintflut 40 Tage und Nächte, das Volk Israel wanderte 40 Jahre hin und her durch eine (ehrlich gesagt ziemlich begrenzte) Wüste. Moses unterhielt sich auf dem Berg Sinai 40 Tage lang mit Gott – ein ausführliches Gespräch. Und auch Jesus fastete und betete 40 Tage in der Wüste.
Übrigens hat Venedig die Quarantäne nicht viel genützt. Da man vergaß, die Ratten über den Sinn der Sache zu informieren, kletterten sie über die Schiffstaue an Land und brachten in ihrem Pelz die todbringenden, pestgesättigten Flöhe mit in die Stadt und nach ganz Italien.

Die Quarantäne, in der wir uns gerade befinden, dauert nicht ausdrücklich 40 Tage – sie dauert weiß ich nicht genau. Sie kann kürzer sein. Sie kann auch länger sein, obwohl das niemand glauben mag. Denn dann sterben zwar nicht wir, aber das goldene Kalb, das wir betanzen (um mal im biblischen Vergleich zu bleiben.)
Als ich dem Löwen zum ersten Mal begegnet bin, dachte ich durchaus so was wie: „Mit dem möchte ich gern mal ein paar Wochen eingesperrt sein!“
Aber eigentlich sind wir bis jetzt nicht wirklich betroffen. Unser eigenes Leben hat sich nicht besonders geändert. Da er in einem ‚pflegerischen Beruf‘ arbeitet, muss er nach wie vor zum – unregelmäßigen – Dienst. Da ich seit Jahrhunderten zu Hause am Schreibtisch sitze, ist alles wie sonst. Ich fahre oder gehe manchmal einkaufen. Außerdem haben wir ja Freigang, man darf Luft schnappen, wenn auch nicht herdenweise.
Wie haben einen reizenden kleinen See entdeckt, in dem sich die Bäume spiegeln. Die Vögel, in Unkenntnis über die Pandemie, singen Frühlingslieder. Ab und zu taucht ein Trecker am Horizont auf und begüllt ein Feld. Früher nannte man das Landluft. Die Stadtleute in Hamburg glaubten sogar, das riecht gesund. Keine Menschen, Hunde, Kinder. Fast wie anders wandern: Ruhe.

Die ewigen Partys und Events, in die wir sonst verwickelt sind, habe Pause. Wie angenehm. Wir sind häuslich, gucken Serien, lesen und lesen vor, quatschen stundenlang und wissen auch sonst etwas miteinander anzufangen. Zu zweit kann Quarantäne nett sein.
Aber die Umwelt hat sich geändert und ändert sich noch. Wenig Menschen sind zu sehen, und wenn sie auftauchen, halten sie diszipliniert Abstand voneinander. Ernste Gesichter, selten ein Lächeln. Kaum Autos. Keine Flieger – weder Chemtrails noch Kondensstreifen noch sonstwas. Klarer blauer Himmel (sofern es nicht gerade ein wenig schneit, wie heute Morgen).
Es ist eine angespannte Ruhe. Die Stimmung befindet sich in einer Warteschleife. Wie geht es weiter?
Glücksfaktor: Vertrauen.