Schlafstörungen


Vielleicht gibt es Leute, die das gar nicht kennen. Die sich jeden Abend hinlegen, lächelnd die Augen zuklappen, ein paarmal tief atmen – und wieder aufwachen, weil die Sonne ins Fenster scheint, vielleicht mit der Erinnerung an interessante Träume. Die Nacht ist in Abwesenheit vorbei gegangen. Sechs oder sieben oder acht Stunden heimlich hinter ihrem Rücken verschwunden.

Doch die meisten Menschen werden auch andere Nächte erlebt haben, solche, die ungefähr dreißig Stunden dauern. Man wacht auf und meint, es wäre früher Morgen, dabei ist noch nicht mal Mitternacht erreicht. Aus irgendeinem Grund springen im Gehirn achttausend Watt an, alle Rädchen setzen sich lärmend in Bewegung und greifen ineinander. Das ist falsch, ganz falsch! Ruhe und innere Dunkelheit sollten jetzt herrschen.

Endlich schläft man wieder ein – und wacht das nächste Mal auf. Jetzt muss es doch wohl mindestens halb vier sein? Keineswegs, der neue Tag ist gerade vierzehn Minuten alt. Man denkt über den kommenden Vormittag nach und über den vergangenen Abend, macht Pläne für den Sommerurlaub, erinnert sich plötzlich an eine ewig nicht mehr gesehene Kusine, die immer blaue Kleider trug, man plant, ein bestimmtes Konzept noch einmal zu überarbeiten, formuliert einen Brief, den man seit langem schuldig ist und überlegt, wo das kleine Teesieb geblieben sein mag. Nach all dem dürfte es inzwischen ungefähr eins sein? Die Uhr erklärt jedoch unvernünftigerweise, es seien gerade anderthalb Minuten vergangen.

In solchen Nächten trödelt die Zeit unverantwortlich herum und bleibt manchmal sogar völlig stehen. Schließlich wird zweifelhaft, ob überhaupt noch mal ein neuer Morgen anbricht.

Normalerweise geschieht das trotzdem irgendwann. Und jetzt, wenn aufgestanden werden muss, ist sie plötzlich da, die tiefe, schwere, verführerische Müdigkeit, die verlangt, sich zurechtzukuscheln und die Augen zu schließen …

Glücksfaktor: die klaren Gedanken, die ungewöhnlichen Einfälle, die sich in solchen Nächten zeigen, sobald man aufhört, sich über temporäre Schlaflosigkeit zu ärgern.

 


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